Beitragsseiten

Kein Kaiserreich ohne die preußische Königskrone

Am Nachmittag begrüßte Wilhelm II. eine Abordnung des Bundesrates. Der Reichstag hatte bereits am 17. Januar Wilhelm II. seine Glückwünsche ausgesprochen. Der Präsident, Graf von Ballestrem, betonte, wenn auch die Feier in erster Linie eine preußische Feier sei, habe der Reichstag doch

„alle Veranlassung an demselben aus vollem Herzen theilzunehmen, mit hoher Freude und dankbarem Aufblick zu dem gütigem Gott, welcher die Geschicke unseres Vaterlandes so wunderbar gnädig geleitet hat." Ohne die Preußische Krönung, so begründete Ballestrem, hätte es kein Deutsches Reich geben können. Eine dritte Krone sprach er Kaiser Friedrich III. zu, „und zwar nach dem Vorbild seines göttlichen Heilands die Dornenkrone des Königlichen Dulders." [49]

In einer „Thronrede" richtete Ministerpräsident von Bülow am 8. Januar zur Eröffnung des preußischen Landtages anläßlich des Krönungs- und Ordensfestes Grüße des Kaisers aus und schloß mit den Worten, Seine Majestät sei sicher, daß es niemals „an der hingebungsvollen und verständnisvollen Mitwirkung des Preußischen Volkes und seiner verfassungsmäßigen Vertretung" fehlen werde, „festzuhalten und auszubauen", was in 200 Jahren „unter der Führung ruhmreicher Fürsten für Preußens Größe und Wohlfahrt errungen ist." [50]
Unter den Linden und in den umliegenden Straßen des Schlosses hatten sich die Menschenmassen im Lauf des Tages „zu festen Mauern verdichtet".

 

Der Anhalter Bahnhof von einer Schutzmannskette gesperrt

Als am Nachmittag der Kaiser im Anhalter Bahnhof seine Gäste aus Italien, Portugal und Sachsen erwartete, wurde „der nach der Möckernstraße zu gelegene Fernbahnsteig" „von einer dicht gezogenen Schutzmannskette für das Publikum gesperrt." [51] Die fürstlichen Gäste wurden im Schloß einquartiert, das auch im Inneren mit einem dem Anlaß entsprechenden Fahnenschmuck dekoriert worden war. Zur persönlichen Bedienung der Ehrengäste waren Mitglieder des Offizierskorps abgeordnet worden, die in den Fluren des Schlosses mit Ehrenkompanien und Galawachen aufwarteten. Anläßlich des Festgottesdienstes in der Schloßkapelle feuerte die im Lustgarten aufgestellte „Leibbatterie 1. Garde-Feld-Artillerieregiment ein Salut von 101 Schuß."

Gottesdienste von besonderer Feierlichkeit gab es am 18. Januar 1901 in großer Zahl. Sowohl an die Armee und an die Marine als auch an die Kirchen- und Schulbehörden ergingen kaiserliche Erlasse, die Festgottesdienste und weitere Feierlichkeiten anordneten. Auf diese Weise verpflichtete Wilhelm II. die gesamte preußische Bevölkerung, das Jubiläum der Krone gebührend zu erinnern. Auf seine Veranlassung hin trat das Preußische Staatsministerium auch mit den katholischen Bischöfen der preußischen Monarchie in Verbindung, die sich wie die evangelischen Kirchenvertreter der kaiserlichen Anordnung fügten.

Auf eine Geburtstagsfeier wollte Wilhelm II. verzichten „im Hinblicke auf die vorangegangene nationale Feier", setzte aber voraus, daß in den Gottesdiensten dieser Umstand erwähnt und „in den Schulen bereits am Tage vorher auf die Bedeutung des Tages hingewiesen" werden würde. [52] Wie weit die kaiserliche Verfügungsgewalt reichte, zeigt der Erlaß des evangelischen Kirchenrats an die Konsistorien vom 4. Januar 1901: Als Gebet wurde empfohlen „die 2. der in der kirchlichen Agenda für Kaisers Geburtstag bestimmtes Gebet, in welches an geeigneter Stelle die Danksagung an Gott den Herrn einzufügen sein wird, daß Er die Krönung des ersten preußischen Königs zum Grundstein hat werden lassen, auf welchem in einer 200jährigen Geschichte der starke Bau des einigen Reiches erstanden ist." [53]

Die gesellschaftliche Bedeutung der Jubiläumsfeier wird bis in nebensächlich erscheinende Anordnungen, Verfügungen und Gewährungen deutlich. Für die katholischen Gemeinden fügte Kardinal-Fürstbischof Kopp die Erlaubnis hinzu, bei eventuell stattfindenden, außerkirchlichen Feierlichkeiten auch am Festessen teilnehmen zu dürfen. Den Schulbehörden war befohlen worden, einen Festgottesdienst und eine Feier abzuhalten. Darüber hinaus sollte der Unterricht zur Feier des Tages ausfallen, wie es auch für alle staatlichen Behörden angeordnet worden war.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" zeigte am 18. Januar 1901 alle Kirchenfeiern in Berlin an, nannte die Prediger und faßte die wichtigsten Predigten zusammen. "Für die Schulen der Stadt war der heutige Tag ein Tag besonderer Freude. In allen Anstalten kamen werthvolle Festgaben zur Vertheilung, vor allem die kunstvollen farbigen Gedenkblätter, welche Seine Majestät der Kaiser und König durch Professor Doepler d. J. hat ausführen lassen, dann auch die Schrift „Preußen unter der Königskrone", die von hochherzigen Gönnern gespendeten Abdrucke des Festspiels „Hohenzollern" von Axel Delmar und andere die Bedeutung des Tages bildlich oder poetisch erläuternde Gaben." Der Bericht der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" erläuterte außerdem die Festakte der Berliner Schulen. [54]

 

Die Fahnen und Standarten mit frischem Lorbeer geschmückt

Mittelpunkt der Feiern für das Militär waren die „in allen Garnisonskirchen und Militärgemeinden feierlichen Gottesdienste." Auf Befehl des Kaisers sollten „die Truppentheile möglichst vollzählig mit deren Vorgesetzten im Paradeanzuge" daran teilnehmen. So weit möglich war der Anordnung Folge zu leisten, während des Gottesdienstes, „die Fahnen und Standarten, mit frischem Lorbeer geschmückt, am Altar aufzustellen." Ein Salut von 101 Schuß wurde dort gefordert, wo Artillerie vorhanden war. „Festessen" und „festliche Speisung" für Offiziere und Mannschaften standen auf dem Programm. Darüber hinaus wurde der 18. Januar für dienstfrei erklärt, aber es durfte nicht versäumt werden, die Mannschaften „schon vorher durch geeignete Offiziere über die Bedeutung der vor 200 Jahren erfolgten Erhebung Preußens zum Königreich zu unterrichten." [55] Der Wortlaut dieser Unterweisungen scheint vertrauensvoll den ausgesuchten Vorgesetzten überlassen worden zu sein.

Das Lieblingskind Wilhelms II., die kaiserliche Marine, erreichten besondere Verfügungen, „mit Rücksicht darauf, daß sie aus der ehemaligen preußischen Marine unmittelbar entstanden sei." Nach dem Gottesdienst mit ebenfalls möglichst vollzähliger Teilnahme erfolgten Parade und Paroleausgabe. „Alle Schiffe Sr. Majestät haben über die Toppen zu flaggen und die salutfähigen um 12 Uhr 21 Schuß Salut zu feuern." Marineangehörige und die Arbeiter der Staatswerften erhielten ohne Lohnausfall dienst- und arbeitsfrei. [56]

 

Eine Extra-Ausgabe des „Armee-Verordnungs-Blattes" verkündete am 18. Januar 1901 in goldfarbener Bordüre des Kaisers Worte „An Meine Armee!" und drei Erlasse, die sich an Armee und Marine wandten. Das Titelblatt zeigt einen Adler, von grünen, Früchte tragenden Bäumen gerahmt, vor strahlender Sonne, in der die Initialen WR ligiert erscheinen. Unter den empor gestreckten Schwingen erblickt man links das Königsberger Schloß, rechts das Schloß Berlin.

Die Ansprache Wilhelms II. beschwört die Unzertrennlichkeit von König und Armee im preußischen Staat, die „auf 200 Jahre alter Tradition" beruhe, und er dankt „der Armee aus bewegtem Herzen" „für ihre Hingabe, welche sie für mich und mein Haus im Dienste des Vaterlandes ohne Ruhe und Rast, Jahr aus, Jahr ein, selbstlos bethätigt." Als besondere Auszeichnungen anläßlich des preußischen Kronjubiläums verkündete Wilhelm II. an dieser Stelle die Stiftung des „Schießpreises" für die Infanterieregimenter und ein neues „Koppel- und Schärpenschloß" für die Marineangehörigen, auf dem fortan „auf dem Anker ein vergoldetes oder ein versilbertes W" getragen werden durfte.

 

Ein Standbild des Kurfürsten für Kiel

Nach Angaben der Kieler und der Wilhelmshavener Zeitung sollte dem Kommando der Marinestation Ostsee und der Marinestation Nordsee jeweils die Summe von 50 000 Mark überwiesen werden, „deren Zinsen für Hinterbliebene der zu den Stationen gehörenden Seeoffiziere der Kaiserlichen Marine zu verwenden seien." Der Marineakademie in Kiel stiftete Wilhelm II. ein bronzenes Standbild des Großen Kurfürsten. [57]

Ein Bronzeabguß gehörte auch zu den „Gnadengeschenken", die Wilhelm II. zur Feier des 18. Januar 1901 verteilte: Die Stadt Potsdam erhielt eine Replik des in der Siegesallee errichteten Standbildes Friedrichs II. „zur Aufstellung in der Plantage". Weitere Gnadengeschenke gingen an den Provinzialverband der vaterländischen Frauenvereine zu Königsberg in Preußen, an das Diakonissen-Mutterhaus in Danzig, das Hessische Diakonissenhaus, an den Gemeindeskirchenrat der Friedenskirche in Potsdam und an den Saalburgfonds zu Homburg. [58]

Aktuelle Nachrichten

01 April 2024

Bildungszeit: Berliner Friedhöfe für Fortgeschrittene

16 März 2024

Geborgen bis zum Jüngsten Tag... Der Jüdische Friedhof Weißensee  

28 Dezember 2023

Jahrestage 2024 - aus dem Berliner Frauenkalender

05 August 2023

Stadtführungen Berlin: Genießen Sie Berlin privat!  Kleine Gruppe - großes Vergnügen. Große Stadt zum kleinen Preis