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„Der Jubeltag der Krone Preußens"

Ein Bericht zum zweihundertjährigen Jubiläum des Krönung- und Ordensfestes des Königreichs Preußen, dargestellt anhand der zeitgenössischen Quellen

 

Am 18. Januar 1701 war ein Traum für den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. in Erfüllung gegangen: In der Schloßkirche zu Königsberg setzte er sich eigenhändig die Krone des Königs in Preußen auf das Haupt, wozu er die nicht notwendige und doch wichtige Zustimmung des Kaisers errungen hatte. Dreihundert Jahre später wird diesem Ereignis mit historischen Ausstellungen in Berlin und andernorts gedacht werden. Die umfassendsten Feierlichkeiten aus Anlaß der Krönung Friedrichs III. zum ersten König in Preußen fanden unter Wilhelm II. zur 200. Wiederkehr des Krönungs- und Ordensfestes statt. [1]

 

„Bürgerstolz vor Königsthronen"
Die Feierlichkeiten des Berliner Magistrats

Von „Byzantinismus" als Gegensatz zur „Wahrheitsliebe", von leeren Formfragen statt Traditionen, von „menschliche(n), sittliche(n) Verfehlungen" an Stelle von ehrbaren Leistungen einer Dynastie war die Rede. Kein Wunder, daß die Wortmeldungen der sozialdemokratischen Stadtverordneten Adolf Hoffmann und Arthur Stadthagen am 3. Januar 1901 vor dem Berliner Stadtparlament besondere Unruhe und besonderen Widerspruch auslösten.

Worum ging es?
Am 20. Dezember 1900 hatte der Magistrat hiesiger Königlicher Haupt- und Residenzstadt eine Vorlage eingebracht, „zur Beschlußfassung betreffend die Bewilligung von 5600 M. behufs der Vertheilung einer Schrift zur Feier des 18. Januar 1901 an Gemeindeschulkinder." Ohne daß die Schrift den Stadtverordneten vorgelegen hatte, sollten die Kosten für deren Druck gebilligt werden.

„Wir stehen (...) auf dem Standpunkt: nicht einen Pfennig für dynastische Zwecke," erklärte Hoffmann. „Wir haben keine Lust, am allerwenigsten zu Verherrlichungen etwas zu geben, die nach unserer Meinung sehr wenig herrlich sind." [2]

Stadthagen erachtete den Anlaß selbst, die Feier der Krönung Kurfürst Friedrichs III. zum ersten König in Preußen und ersten König aus dem Haus Hohenzollern, für historisch irrelevant, die Dynastie an sich für unwürdig jeglicher Ehrenbezeugung und bezichtigte den Initiator, Oberbürgermeister Kirschner, und die ihm zustimmenden Stadtverordneten der Schmeichelei:

„Jemand aber, der ein Buch nur aus dem Anlaß, weil irgend eine Krone vor 200 Jahren das erste Mal auf ein Haupt gesetzt ist, einem Kinde ein Buch, daß dieses Ereignis feiern soll, in die Hand drückt und dadurch verschweigt, welch ungeheuer große menschliche, sittliche Verfehlungen auch diejenigen, die in den 200 Jahren auf dem Thron der Hohenzollern gesessen haben, begangen haben, der führt zur Unaufrichtigkeit, zum Byzantinismus." [3]

 

Außer der heftig verteidigten Ablehnung der sozialdemokratischen Vertreter gab es geringfügige Einwände in der Stadtverordneten-Versammlung gegen die Vorlage des Magistrats. Sie betrafen den Vorwurf, daß die Schrift den Parlamentsmitgliedern nicht vorgelegt worden war, doch vertraute man sich dem Urteil Kirschners an, der das Buch des Schulrates Fritz Jonas aufgrund seiner ausgewogenen Darstellung ausgewählt hatte, „welche die hervorragenden Thaten der Könige und der Kulturbewegung des Volkes gleichmäßig erkennen läßt und zu weiterem Nachdenken anregt."

Kirschner erklärte, die Idee zur Verteilung dieses Buches sei aus einem „schlichten, einfachen Gedanken" entstanden, der Tradition „zivilisierter und gebildeter Völker" „die Gedenktage großer historischer Ereignisse zu feiern" und verwarf Stadthagens Ablehnung mit den Worten: „Diese Art, Bürgerstolz vor Königsthronen zu zeigen, ist Geschmachssache." [4]

 

„der Herzschlag der preußischen Geschichte"

Der Verfasser der unbekannt-umstrittenen Schrift, Dr. Fritz Jonas, gehörte nach der Meinung des Stadtverordneten Mommsen zu den hervorragendsten Schulinspektoren in Berlin. „200 Jahre Preußische Geschichte. Eine kurzgefaßte Darstellung der Entwickelung Preußens von Friedrich I. bis Kaiser Wilhelm II." hatte er seine Darstellung betitelt, die im Jubiläumsjahr 1901 bei Hofmann & Campe in Berlin erschien.

Jonas verfolgt die zeitübliche historiographische Linie einer konsequenten Entwicklung Preußens „aus kleinen Anfängen zur Großmacht und zum führenden Staate in Deutschland", dessen „eigentliche(r) Begründer" Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, und dessen Vollender Wilhelm I. gewesen sei - unter der diplomatischen Regie und den patriotischen Zielen des preußischen Ministerpräsidenten und deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck.

 

Der rote Faden der brandenburgisch-preußischen Geschichte oder, wie Jonas formuliert, „der Herzschlag der preußischen Geschichte" [5] sei die Gewissensfreiheit, mit sittlicher Zucht und Gerechtigkeit das Fundament des preußischen Staates bildend. Zwischen der Regierung Kurfürst Friedrich Wilhelms und der „drei ersten Kaiserkönige" handelt Jonas die Epochen der preußischen Könige ihrer Reihenfolge nach ab, selbstverständlich nicht in objektiver Betrachtung, sondern aus dem Blickwinkel des kaisertreuen Patrioten, dennoch mit einem erstaunlichen Maß an offenherziger Kritik, von der einige Beispiele aufgeführt werden sollen.

 

Friedrich I. muß die üblichen Vorwürfe einstecken, da er „mit dem üppigen französischen Hofe zu wetteifern suchte, doch lobt ihn der Historiker, da er über die Pracht die Würde nicht vergaß und dieser Ausdruck verlieh: da er von Gottes Gnaden König wurde, indem er sich selbst krönte. Doch weder Friedrich I. noch seine Räte, so urteilt Jonas, erkannten „die große politische Bedeutung dieser Errungenschaft."

 

Friedrich Wilhelm I., der Nachfolger, den sich der Große Kurfürst gewünscht habe, stellte das Volkswohl über das Wohl des einzelnen. Aber Jonas fragt, „wer denn das wahre Volkswohl richtig erkennen kann und über dasselbe entscheiden soll." In Hinblick auf den unglücklichen Kronprinzen stellt der Autor fest:

„Die geniale Beanlagung Friedrichs II. war eine Mitgift der Vorsehung, zum Charakter ist er unter der Zucht des Vaters erwachsen." [6]

Der patriarchalische Glaube Friedrich Wilhelms I. an das Gottesgnadentum belege sowohl seine Einseitigkeit als auch seine Stärke und rechtfertige damit sein „hartes selbstherrliches Regiment."

 

Friedrich II. wird als Persönlichkeit charakterisiert, deren hervorragende Eigenschaften als Summe der Ahnen erscheinen:

„Tatkraft und staatsmännischer Weitblick" vererbte ihm der Urgroßvater, „Wissenstrieb und Kunstliebe" die Großmutter, „nüchternen Verstand und zähe Willenskraft" der Vater. Zur Pressefreiheit unter Friedrich II. heißt es, daß aber „die Gazetten zunächst trotzdem nicht interessant" wurden, „weil sich auch in der aufgeklärten Despotie kein reges politisches Leben entwickeln kann."

Die Verachtung Friedrichs II. für die deutsche Literatur kommentiert Jonas mit den Worten:

„Die deutsche Muse ging von seinem Throne schutzlos und ungeehrt und hat sich ihren Wert selbst erschaffen." Mit „rücksichtsloser Strenge" habe der König regiert, „und wie warm sein Volk ihn bewunderte, es fürchtete den harten Mann mit seinem durchbohrenden Blick und seinen wortkargen, lakonisch kurzen Befehlen und Entscheidungen." [7]

 

Scharfe Kritik, der härteste Vorwurf von allen, trifft Friedrich Wilhelm II.:

„Auf den thatenreichsten König aus dem Hause Hohenzollern folgte der unbedeutendste." So erstaunt der Schlußsatz nicht: „Zum Heile des Staates dauerte die Regierung Friedrich Wilhelms nicht lange." [8]

 

Mit Wärme wird der Charakter Friedrich Wilhelms III. geschildert, der politisch versagt habe, so aber dem Volk Gelegenheit gegeben habe, sich zu bewähren,27 denn:

„Man war eingeschlafen auf den Lorbeeren Friedrichs des Großen und furchtbar durch ein Gottesgericht geweckt worden." [9]

In der Schilderung der Regierungszeit Friedrich Wilhelms III. würdigt Jonas erstmals Staatsmänner und militärische Befehlshaber außerhalb der Hohenzollern-Dynastie, den Freiherrn vom und zum Stein, „der eigentliche Neubegründer des Staates", Scharnhorst und Blücher und Humboldt. Hardenberg fehlt.

 

Ein dezidiertes Bild gibt Jonas von Wilhelm I., dem der ungleich größere Teil des letzten Kapitels, „Preußen unter den drei ersten Kaiserkönigen" gewidmet ist. „Durch und durch soldatischer Natur" interessierten den ersten deutschen Kaiser die inneren Angelegenheiten des Staates wenig. Die Charakterisierung des Ministerpräsidenten und Kanzlers an seiner Seite gipfelt in den Worten: „So wuchs er (Wilhelm I.) aus dem Genius seines großen Ministers hervor."

In der Summe aber glichen Stärken und Mängel des Kaisers einander aus:

„Wilhelm I. war nicht groß an schöpferischer Kraft, aber er war groß an Gesinnung und Königlicher Würde." [10] Friedrich III. weiß Jonas bloß zu loben. Wilhelm II. wird pietätvoll nach zwei Seiten Text als „ein nimmermüder Protektor der Künste" und „ein echter Hohenzoller" in die Zukunft entlassen - wie auch die nun vollends verunsicherten Leser -, für die Jonas wünscht, daß nach der Einigung des Reiches auch das Volk „innigst einig" werde.


... wenn er denn das Buch gelesen hätte!

Kirschners Urteil über die preußische Historie von Fritz Jonas ist nicht falsch, betrachtet man diese aus den zeitgebundenen Möglichkeiten eines Lehrers im Deutschen Kaiserreich: Der loyale Unterton glaubt an das Gottesgnadentum der Könige ebenso wie an die menschliche Bedingtheit des Monarchen, die sich seit der „Verbürgerlichung" Friedrichs II. durch die Berliner Aufklärung als populäre Auffassung der Bevölkerung von seinem Herrscher durchgesetzt hatte. So werden die Schwächen als menschliche, die Stärken als königliche Eigenschaften betrachtet.

Eine Methode, die – fast – allen Hohenzollernfürsten die Aufnahme in die Riege der erfolgreichen Herrscher in Brandenburg-Preußen erlaubt und damit dem dynastischen Gebot der Kontinuität als Machtgrundlage genügt. Am 30. Januar 1901 wurde die Vorlage des Magistrats zur Verteilung der „Preußischen Geschichte" von Fritz Jonas an die Schüler der Berliner Gemeindeschüler wurde noch am 30. Januar 1901 von der Stadtverordneten-Versammlung angenommen. Die erste Hürde der vom Magistrat gewünschten Beiträge der Stadt Berlin zu den Feierlichkeiten des zweihundertjährigen Ordens- und Krönungsjubiläums im Jahre 1901 war genommen.

Später stellte sich heraus, daß Kirschner die von ihm empfohlene Schrift nur flüchtig durchgesehen hatte. Nachdem zumindest einige Stadtverordnete das Buch von Jonas gelesen hatten, ergab sich die peinliche Situation, daß übersehen worden war, daß Jonas die Sozialdemokraten für die Attentate auf Wilhelm I. verantwortlich machte, was die Billigung Kirschners nicht gefunden hätte, wie dieser beteuerte, wenn er denn das Buch gelesen hätte! [11]

 

Auf ebenso heftigen Widerstand wie die Vorlage zur Bewilligung von 5 600 Mark zu obengenanntem Zweck stieß die Vorlage Oberbürgermeister Kirschners zur „Errichtung einer Stiftung zur Beschaffung billiger und gesunder Wohnungen für minder bemittelte Einwohner Berlins." Ausgestattet mit einem Kapital von einer Million Reichsmark sollte die Stiftung vorbildlich wirken auf die Qualität der künftig vermehrt zu errichtenden Kleinwohnungen. Nicht Almosen wolle man geben, betonte Kirschner, „wohl aber Minderbemittelte durch Gewährung gesunder Wohnungen zu einem angemessenen Preise in ihrer wirthschaftlichen Selbständigkeit (zu) erhalten und dadurch vor wirthschaftlichem Verfall" schützen. [12]

 

Die Kärglichkeit der Sache durch einen pompösen Namen verhüllen

Natürlich war es nicht die liberal-fürsorgliche Absicht Kirschners, dem Wohnungsmangel in Berlin entgegenzutreten, der dieses Mal die sozialdemokratischen Stadtverordneten empörte.
Nein!

„Mit Rücksicht darauf, daß es für die Hauptstadt des Königreiches Preußen angezeigt sein dürfte, den für unser Vaterland und unsere Stadt hochwichtigen Tag, an welchem das Königreich Preußen 200 Jahre besteht, in angemessener Weise auszuzeichnen und zu feiern, haben wir beschlossen, die beabsichtigte Stiftung zum Andenken an den 18. Januar 1701 als Jubiläums-Stiftung zu errichten und ihr den Namen des Gründers des preußischen Königreiches beizulegen. Um der Bürgerschaft die Möglichkeit zu geben, sich an dieser Jubiläums-Stiftung zu betheiligen, wollen wir diese in einem Ausrufe zur Beisteuer für die Stiftung auffordern." [13]

Der Verknüpfung der sozialen Tat mit dynastischen Ehren wollte man von sozialdemokratischer Seite widerstehen. Dementsprechend äußerte sich der Stadtverordnete Hugo Heimann:

„Meine Herren, was hat [sic!] König Friedrich I. und das 200jährige Bestehen des Königreichs Preußen mit der sozialen Verpflichtung der Stadt Berlin zu thun, anerkannten Mißständen auf dem Gebiete des Wohnungswesens entgegenzutreten? Nichts! Es wäre denn, daß der Magistrat den Wunsch hätte, die Kärglichkeit der ganzen Sache durch einen möglichst pompösen Namen zu verhüllen, und das Bedürfnis fühlte, eine Reverenz nach oben hin zu machen, und nun geglaubt hat, da die Wohnungsfrage nun einmal im Vordergrunde des öffentlichen Interesses in Berlin steht, am besten hier einhaken zu können." [14]

Heimann stellte im Namen seiner Fraktion die Forderung nach städtischem Wohnungsbau, städtischer Wohnungsbauinspektion und einem städtischem Wohnungsamte mit Wohnungsnachweis auf. Die dürftige Antwort Kirschners, der sehr wohl „eine Reverenz nach oben hin" nötig hatte, versagte ihm doch Wilhelm II. lange Jahre die Bestätigung als Oberbürgermeister der Stadt, lautete, die Stadt wolle sich wohl um die Wohnungsfrage bemühen, könne aber nicht als Unternehmerin auftreten und erntete doch die mehrheitliche Zustimmung der Stadtverordneten-Versammlung.

Wohl wissend, daß etwa 45 Prozent der in Berlin anwesenden Bevölkerung sich mit 6 bis 14 Personen in Einzimmerwohnungen drängte, erläuterte Kirschner den Sozialdemokraten den „fehlenden" Zusammenhang der vorgeschlagenen „König Friedrich-Stiftung" mit dem Kronjubiläum der Hohenzollern:

„Wer historische Kenntnisse hat, wird wissen, daß sich gerade die preußische Monarchie vielfach der Nothleidenden und Bedrängten angenommen hat, und daß es ein echt preußischer Gedanke ist, wenn man Nothleidenden zu Hilfe kommt, daß das vollständig im Geist der preußischen Monarchie ist, wenn man die Gelegenheit zu einer solchen Tat benutzt." [15]

Wie recht er damit hatte, daß diese Art bürgerlicher sozialer Fürsorge die Sympathie des Kaisers fand, zeigen weitere wohltätige Stiftungen, die aus Anlaß des Krönungs- und Ordensfestes errichtet wurden.
Paul Singer löste große Heiterkeit unter den Stadtverordneten aus, als er seinem Vergleich der Berliner Situation mit der Stadt Düsseldorf, wo man zwanzig Millionen Reichsmark für die Wohnungsfrage aufwende, anfügte:

„Man wird an jenen Stellen [bei Hofe] die Empfindung haben: wenn dem Magistrat von Berlin die Gründung des Königreichs Preußen eigentlich nicht mehr werth ist als eine Million, so ist das ein Patriotismus, der die Probe auf den Geldbeutel nicht sehr verträgt." [16]

 

Keine Wohnungen für Berlin

So ernst Kirschner die Angelegenheit nahm, verkannte er doch die Realität zweifach: Das soziale Engagement der Kaiserfamilie beschränkte sich auf Kirchenbau und die Sorge für Kinder und Kranke und wurde zudem vom Engagement der Kaiserinnen und Kronprinzessinnen getragen. Wohnungsbau und Wohnungsnot waren lange schon aus dem herrschaftlichen Blickfeld geraten.

Die Zeiten Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II., die auf Königlichen Befehl ganze Stadtteile hatten erstehen sehen, waren zudem in ihren Verhältnissen in keiner Hinsicht auf die städtischen Belange Berlins um die Wende zum 20. Jahrhundert anzuwenden. Dennoch wurde Kirschners Vorschlag, die Stiftung einem Sonderausschuß zur Beratung zu übergeben, und später auch die Vorlage zur Stiftungsgründung selbst von der Mehrheit der Stadtverordneten-Versammlung angenommen.

Der Ausschuß, dem unter anderen die Stadtverordneten Mommsen und Singer angehörten, entschied mit 9:4 Stimmen, man wolle mit der Befürwortung der Stiftungsgründung zeigen,

„daß auch die Hauptstadt des Königreiches Preußen und die Hauptstadt des Deutschen Reiches diesen Tag als einen wichtigen Gedenktag der preußischen und deutschen Geschichte ansieht."

Die Einwände der Sozialdemokraten waren wieder einmal überstimmt worden. Paul Singer verglich Friedrich I. mit Ferdinand Lassalle, erntete aber mit seinen Worten, die Sozialdemokraten würden den ersten preußischen König ehren trotz menschlicher Schwächen, die auch Lassalle gehabt habe, und obwohl er König war, wenn Friedrich I. wie Lassalle Großes für das Volk getan hätte, nur Gelächter.

 

Das Statut der König Friedrich-Stiftung wurde am 10. Januar 1901 von der Stadtverordneten-Versammlung angenommen, mußte jedoch im Juni des Jahres abgeändert werden, da der Oberpräsident der Provinz Brandenburg, von Bethmann-Hollweg, sie nicht als Stiftung des öffentlichen Rechts ansah, sondern als „reine Wohlthätigkeitsstiftung", die der Aufsicht des Polizeipräsidenten zu unterstellen sei. Gleichzeitig mußte Oberbürgermeister Kirschner am 19. Juni vor der Stadtverordnetenversammlung zugeben, daß die finanzielle Entwicklung der König Friedrich-Stiftung nicht gut verlaufen war.

Seit der öffentlichen Bekanntgabe der Stiftungsgründung waren von drei Spendern insgesamt 605 Mark eingegangen. Kirschner machte die Propaganda der Sozialdemokraten dafür verantwortlich,

„denn ihnen ist es zu verdanken, wenn das Kind bei der Geburt todt geschlagen worden ist. (...) Ich bin fest davon überzeugt, wenn nicht die Art der Kritik erfolgt wäre, die wir gehört haben und die dann in der Presse ein Echo gefunden hat, so wäre die Bürgerschaft bereit gewesen, beizusteuern." [17]

Tatsächlich hatte der „Vorwärts" am 15. Januar mitgeteilt, „Singer und Genossen" hätten aufgrund der unhaltbaren Situation im städtischen Familienobdach den Antrag gestellt,

„durch einen Erweiterungsbau des städtischen Obdachs für obdachlose Familien oder durch Herstellung geeigneter interistimistischer Wohnungsräume oder durch Adaptierung eines städtischen Gebäudes für die Aufnahme obdachloser Familien die zur Verfügung stehenden Räume schleunigst ausreichend zu vermehren."

Am 26. Januar druckte der „Vorwärts" die öffentliche Bekanntmachung der König Friedrich-Stiftung ab und kommentierte: „Wie wir hören, wollen die hiesigen Grundbesitzervereine den Anfang im Spenden von Beiträgen machen."

Die sozialdemokratischen Hinweise auf das Wohnungselend eines Großteils der Berliner Bevölkerung störte einerseits den Großmut des Magistrats, der aus seiner liberalen Grundhaltung heraus ernsthaft glaubte, mit einem Kapital von einer Million Mark vorbildlich auf Wohnungsbauunternehmen wirken und dem Wohnungsmangel in Berlin vorbeugen zu können. Andererseits sah man durch die deutliche Charakterisierung der Wohnungssituation von „Singer und Genossen" den feierlichen Anlaß der Gründung der König Friedrich-Stiftung beschmutzt. [18]


Die Initiativen Wilhelms II.

Während die Stadtverordneten Berlins über eine Million und 5 600 Mark stritten, die wohltätig wirken und die Dynastie ehren sollten, verliefen die Vorbereitungen am Hof Wilhelms II. und in den königlichen Institutionen ruhig und geordnet. Wilhelm II. selbst war der Initiator für alle Details einer angemessenen Feier zum zweihundertjährigen Jubiläum der preußischen Krone in der Haupt- und Residenzstadt Berlin, im Königreich Preußen und im Deutschen Kaiserreich.

Gefeiert wurde der Erwerb der Krone Preußens vor 200 Jahren, nicht etwa Friedrich I. , dessen zwiespältige historische Beurteilung keinen hinreichenden Anlaß zu solchem Aufwand geben konnte, wie ihn Wilhelm II. plante. Es war das erste Mal, daß man dem Erwerb der Krone derart gedachte: 1751 und 1851 hatten keine Jubelfeiern stattgefunden. 1801 ließ Friedrich Wilhelm III. feierliche Gottesdienste mit Glockengeläut abhalten und eine Gedenkmünze prägen. Von weiteren Festlichkeiten sah man aufgrund der bedrängten politischen Situation des Jubilars ab. [19]

Zwei Tage dauerte das Krönung- und Ordensfest an, erfaßte alle Königlichen Institutionen, die Kirchen beider Konfessionen und bürgerliche Vereinigungen - über zwei Denkmünzen, die Wilhelm II. eigens gestalten ließ, das gesamte Deutsche Reich. Die Tagespresse berichtete rund um die Uhr, in seitenlangen Beilagen und Extra-Ausgaben. In einem Wettstreit um die Gunst der Leser berichteten allen voran der „Deutsche Reichs- und Kniglich Preußische Staatsanzeiger", die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung", die „Vossische Zeitung", das „Berliner Tageblatt", die „Königlich privilegierte Berlinische Zeitung von Staats und gelehrten Sachen" und der „Vorwärts".

 

Es regnet Orden und Auszeichnungen

Am 23. November 1900 schrieb der Kaiser aus Kiel an das Königliche Staatsministerium:

„Ich fordere das Staatsministerium auf, Mir die Vorschläge für die bei der Feier des im Januar künftigen Jahres zu begehenden Krönungs- und Ordensfestes zu verleihenden Orden und Ehrenzeichen bis zum 25. Dezember d. Js. einzureichen. Im Hinblick auf die zweihundertjährige Wiederkehr des Tages der Annahme der Königswürde will Ich diese Auszeichnungen in umfangreicherem Maße wie sonst verleihen und wünsche Ich, daß bei den Vorschlägen namentlich die Provinzen Ost- und Westpreußen reicher bedacht und insbesondere angesehene Mitglieder solcher Familien dieser beiden Provinzen berücksichtigt werden, welche schon bei der ersten Krönung dort angesessen waren und eine einflußreichere Stellung eingenommen haben.

Bei den in diesem Jahre vor Mir gehaltenen Manövern waren in den Provinzen Brandenburg und Pommern die ländlichen Quartiergeber in außerordentlichem Maße stark in Anspruch genommen. Ungeachtet der ungewöhnlich gesteigerten Einquartierungslast und der ungünstigen Verhältnisse, unter denen die ländlichen Grundbesitzer zu leiden haben, ist den Truppen überall, oft unter den erheblichsten Opfern, eine vortreffliche Aufnahme zu Theil geworden.

Ich wünsche daher, daß die Vorschläge besonders auch auf diejenigen Landwirthe der beiden Provinzen sich erstrecken, welche bei jener Gelegenheit ihren Patriotismus bethätigt haben. Wie früher, will Ich bei dem vorbezeichneten Anlasse Meine Gnadenbezeigungen auch auf Beamte des Deutschen Reiches und andere Personen in den Reichslanden ausdehnen, wovon dem Reichskanzler und Meinem Statthalter in Elsaß-Lothringen mit dem Ersuchen Kenntnis zu geben ist, dem Staatsminister zu diesem Behufe Vorschläge mitzutheilen. Das Staatsministerium hat hiernach das Weitere zu veranlassen. Kiel, den 23. November 1900. Wilhelm R." [20]

Die Instruktionen zeigen, daß sich Wilhelm II. sehr wohl der Möglichkeiten einer integrativen Wirkung der Staatsfeier zur preußischen Königskrönung bewußt war. Gezielt nannte er die Personenkreise, die bei der bevorstehenden Ehrung besonders bedacht werden sollten. Die betonte Aufforderung, Beamte auáerhalb Preußens und ganz besonders auch Elsaß-Lothringens einzubeziehen, konnte in monarchisch gesinnten Kreisen seine Wirkung nicht verfehlen.

Die „Königliche Privilegierte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen" widmete ihre Abendausgabe vom 18. Januar 1901 der „Jubelfeier des Königreichs" und verfaßte eine kleine statistische Analyse des „Ordenssegens", der erwartet hoch ausgefallen war: 3772 Personen waren mit Orden und Ehrenzeichen bedacht worden (gegenüber 2514 im Jahr 1900, der bis dahin höchsten Anzahl).

 

Die Armee, die Armee und wieder die Armee ...

Die Zahl der dekorierten Offiziere war sehr hoch: Vierzig Prozent aller Orden und dreißig Prozent der Ehrenzeichen waren an die Armee gegangen. Während die Verleihung des Schwarzen Adlerordens naturgemäß gering gehalten werden mußte, wurde der Rote Adlerorden allein 1821 mal vergeben und, wie betont wird, auf eine Vermehrung in allen Klassen geachtet. Die Standeserhöhungen und die Auszeichnungen mit höheren Orden wurden namentlich aufgeführt. Aus der Berliner Kommnunalverwaltung erhielten Oberbürgermeister Kirschner den Roten Adlerorden III. Klasse und Stadtrat Namroth den Roten Adlerorden IV. Klasse.

Unter den ausgezeichneten Persönlichkeiten der Berliner Künstler und Wissenschaftler befanden sich der Direktor der Königlichen Museen, Kekule von Stradowitz, der Präsident der Akademie der Künste und Architekt Hermann Ende, der Philosoph Wilhelm Dilthey, die Maler Anton von Werner [21], Franz Skarbina und Hermann Knackfuß, der Buch- und Kunsthändler Schulte und andere.

Aus Handel und Industrie Berlins wählte man die Bankiers Mendelssohn [22] und Bleichröder, die Kaufleute Pinkus und Krausnick und den Goldschmied Alfred Louis Sy. Das „Verzeichnis der am Krönungs- und Ordensfeste verliehenen Auszeichnungen, Orden und Ehrenzeichen" erschien am 18. Januar in der „Vossischen Zeitung". [23] Acht Seiten füllten die Namensnennungen, von der Erhebung in den Fürstenstand über die Verleihung des Schwarzen Adlerordens bis zum Allgemeinen Ehrenzeichen.

Die Vorschläge für die zu dekorierenden Personen waren durch sämtliche Ministerien über die nachgeordneten Behörden gemacht und von den Ministern persönlich begutachtet worden. Mehrere Akten des Preußischen Staatsministeriums, das sich spätestens seit März 190061, gewissermaßen inoffiziell, da noch ohne kaiserliche Order, mit den bevorstehenden Ordensverleihungen zum 17.1.1901 befaßte, füllen diese Vorschlagslisten, die nach ergangener Aufforderung Wilhelm II. zur Bestätigung vorgelegt wurden.

 

Reges amtliches Pflichtgefühl und durchaus loyale Gesinnung

Die Begründung für den Vorschlag, einen Unterstaatssekretär mit dem Roten Adlerorden I. Klasse auszuzeichnen, lautete beispielsweise: „Außerordentlich anzuerkennende Leistungen in der Finanz-Verwaltung des Reiches und reges amtliches Pflichtgefühl. Hervorragende Mitarbeit an den beiden Flottengesetzen und dem Gesetz zur Erhöhung der Friedensgewährungsstärke des Heeres." „Hingebende und erfolgreiche Thätigkeit in verantwortlicher Stellung sowie durchaus loyale Gesinnung" reichten aus für den Stern zum Roten Adlerorden II. Klasse mit Eichenlaub.

Die Vorschläge für die Verleihung des Allgemeinen Ehrenzeichens konnte diejenigen erheben, die sich durch „gute Führung, Fleiß und besondere Pflichttreue", „fortgesetzte treue Pflichterfüllung und stetes Wohlverhalten", „langjährige pflichttreue Dienstzeit" hervorzutun bemüht gewesen waren.

 

„Jugendliches Alter" dagegen war in vielen Fällen der einzige Grund für eine Ablehnung der Ordensverleihung. Älter als 39 Jahre mußten die Anwärter schon sein. Die oft ausführlichen, negativen Begründungen lassen die gelegentlich lapidar erscheinenden befürwortenden Formulierungen in einem anderen Licht erscheinen. Einige der vom Präsidenten des Deutschen Flottenvereins zur Auszeichnung vorgeschlagenen Personen, die sich um die Ausbreitung des Flottenvereins besonders verdient gemacht hatten, wurden mit entsprechenden Argumenten abgelehnt:

Weil er „an einer überaus peinlichen Demonstration gegen seinen damaligen Direktor theil genommen hatte", „wegen der ungünstigen finanziellen Verhältnisse", aufgrund eines „Mangels an anständiger Denkungsart" und - im Falle eines „Telegraphisten" bei der Eisenbahn in Essen - weil die Direktion Einwände erhob, da alle anderen Beamten, höheren Dienst- und Lebensalters mit verantwortungsvollerer Stellung, noch keine Auszeichnungen erhalten hätten. Nur der Dienst für den Deutschen Flottenverein reichte eben nicht.

Auszeichnungen an 3 772 Diener des Staates! Doch damit war erst der Auftakt zur „Jubelfeier der Preußischen Krone" gegeben. Obwohl man im Staatsministerium bemüht gewesen war, durch eine vergleichsweise hohe Zahl an Auszeichnungen einer neuerlichen Ordensgründung durch Wilhelm II. vorzubeugen, erhielt das Staatsministerium am 24.12.1900 ein geheimes Schreiben des Civil-Cabinets mit der Ankündigung,

„Seine Majestät haben beschlossen, aus Anlaß des 200jährigen Jubiläums des Königreichs Preußen einen Orden zu stiften. Derselbe soll den Namen „Verdienstorden der Preußischen Krone" führen." [24]

Die Urkunde wurde in der auf kaiserlichen Befehl herausgegeben Sonderausgabe des „Preußischen Reichs- und deutschen Staatsanzeigers" vom 18. Januar 1901 veröffentlicht. [25] Erste Verleihungen des Ordens sollten am Tage der Stiftung, dem 17. Januar 1901, erfolgen. Statt dessen gab der „Preußische Reichs- und deutsche Staatsanzeiger" erst am 15. April 1901 die erstmalige Verleihung des Verdienstordens bekannt. Der Ausgezeichnete war der Freiherr von Loë.

Man belächelte oder verachtete gar Friedrich I. und seinen vermeintlich bloß effekthaschenden Griff nach einer Königskrone für den Kurfürsten in Brandenburg und sonnte sich im Glanz von Orden und Ehrenzeichen, die in der Regierungszeit allein Wilhelms II. wohl an die 70 000 Mal vergeben wurden.


Man mag den König Friedrich I. mit unserer Kaiserin verwechseln

Ein Andenken, das auf simple Weise die Erinnerung an den Erwerb der preußischen Krone durch die Hohenzollern in nahezu allen Bevölkerungskreisen wachhalten konnte, stellten die Denkmünzen dar, deren Prägung Wilhelm II. bestimmt und veranlaßt hatte. Um den Charakter der Münzen als Reichsmünzen und Zahlungsmittel zu erhalten, verfügte der Kaiser höchstselbst, daß die dafür vorgesehenen Zwei- und Fünfmarkstücke die übliche Reversseite zierten, avers aber „das Doppelbildnis weiland König Friedrichs I. und des jetzt regierenden Kaisers und Königs Majestät mit den Aufschriften: Friedrich I. 1701., Wilhelm II. 1901." zu tragen hätten. [26]
Die erforderliche Zustimmung des Bundesrats erfolgte am 13.12.1900. Daraufhin erging an die Münzprägeanstalt in Berlin der Auftrag, 2 000 000 Zweimarkstücke und 500 000 Fünfmarkstücke nach dem von Emil Doepler angefertigten und vom Kaiser assignierten Entwurf herzustellen.

Der Minister bemühte sich um die Verteilung der Denkmünzen und schlug Wilhelm II. vor,

„durch Vermittlung der Reichsbank den Reichsämtern, den Mitgliedern des Reichstages und den Bevollmächtigten zum Bundesrath, soweit diese nicht Reichs= oder preußische Landesbeamte sind, den Reichsbankangestellten und den außerpreußischen Bundesstaaten einschließlich Elsaß-Lothringen im Ganzen 110 000 M. in Fünf= und 440 000 M. in Zweimarkstücken gegen Werthersatz überweisen zu lassen.

Der verbleibende Rest (...) würde unseres allerunterthänigsten Dafürhaltens auf die preußischen Regierungshauptkassen und die Generalstaatskasse zu vertheilen, und würden die auf die letztern Kasse entfallende Beträge so hoch zu bemessen sein, um auch den Anforderungen Allerhöchst dero Schatulle wie der Königlich und Königlich Prinzlichen Hofstaatskassen und der hiesigen preußischen Staatskassen auf Verabfolgung von Denkmünzen genügen zu können." [27]

Den „Oberhäuptern der regierenden außerpreußischen Deutschen Fürstenhäusern und den Senaten der freien Städte" waren auf Wunsch des Kaisers Denkmünzen zu überreichen. Den außerpreußischen Souveränen und Senaten der freien Städte wollte er je ein Stück der beiden Denkmünzen mit einem persönlichen Handschreiben zugehen lassen."

 

"Man mag die Denkmünzen nicht sehr schön finden..."

Obwohl die künstlerische Gestaltung der Denkmünzen auf herbe Kritik gestoßen war, diskutierten die Bundesratabgeordneten bereits am 7. Januar über eine Nachprägung. Dr. Arendt befürwortete dies wie die Mehrheit der Abgeordneten:

„Die Kritik dieser Münzen mag ja verschieden ausfallen: man mag sie nicht sehr schön finden, man mag den König Friedrich I. mit unserer Kaiserin verwechseln (Heiterkeit) und finden, daß die Kaiserin sehr schlecht getroffen ist, (erneute Heiterkeit) trotzdem glaube ich, daß diese Münzen doch in weiten Volkskreisen eine gute Aufnahme finden werden, und daß sie den Zweck erfüllen dürften, zu dem sie bestimmt sind: ein großes historisches Ereigniß in der Erinnerung des Volkes festzuhalten und in den Schatz der Familien überzugehen".

Die Münzen sollten ohne Zwischenhandel ausgegeben werden, um auf diese Weise, „bis in die letzte Hütte des preußischen Staates" zu gelangen. [28]

Die Forderung nach einer ästhetischen Nachbesserung der Denkmünzen konnte nicht erfüllt werden, da der Kaiser selbst den Entwurf des Künstlers gebilligt und wohl auch mitbestimmt hatte, und weil es einfach unüblich war - und verwirrend gewesen wäre -, das Aussehen einer Gedenkmünze in der zweiten Auflage neu zu gestalten. Doch wurde die Frage bis zur Beschlußfassung am 28. Februar 1901, eine Nachprägung im Wert von fünf Millionen Mark in Auftrag zu geben, erörtert und endlich positiv entschieden. Der Initiative Wilhelms II. war ein großer Erfolg beschieden gewesen, die Nachfrage ungebrochen groß, so da die Nachprägung die erste Ausgabe an Umfang weit übertraf.

 

Noch am 11. Februar äußerte sich dementsprechend der Abgeordnete Speck, der im vergangenen Jahr „in der Münzkommission auf die Zulässigkeit der Ausprägung von solchen Denkmünzen hingewirkt" hatte, und sah sich bitter enttäuscht über die unveränderte Neuauflage, war es ihm und seinen Kollegen doch ein besonderes Anliegen gewesen, ethische und künstlerische Beweggründe in die Gestaltung und Verbreitung von Gedenkmünzen einfließen zu lassen.

Speck nutzte sein Unterliegen in der Aussprache, die künstlerische Überlegenheit seiner bayerischen Heimat über die preußische Reichshauptstadt öffentlich unter Beweis zu stellen:

„Wir Bayern und speziell wir Münchener können ja mit einiger Befriedigung auf dieses Ergebniß der ersten Denkmünzenprägung blicken; denn diese Denkmünzen und die im vorigen Jahr ausgegebenen Postwerthzeichen sind uns ein sicherer Beweis dafür, daß der Ruhm Münchens, in künstlerischer Beziehung die erste Stelle im Deutschen Reiche einzunehmen, in absehbarer Zeit nicht ernstlich wird gefährdet werden können." [29]

In politischer Hinsicht hatte Bayern, dessen Herrscherhaus Wittelsbach mit den Habsburgern und den Hohenzollern zu den ältesten Dynastien des Deutschen Reiches gehörte, unter dem Druck Ottos von Bismarck dreißig Jahre zuvor zugunsten Preußens in den Hintergrund treten müssen. Unverhofft bot ausgerechnet das preuáische Krönungsjubiläum Gelegenheit zu einem kleinen Triumph.

 

Wilhelm II. will Denkmünzen-Künstler sein

Die in der Tat künstlerisch unbefriedigende, konventionelle Gestaltung der Prägestempel hatte der Genremaler Emil Doepler nach den Vorgaben Wilhelms II. entworfen. [30] Der Kaiser beauftragte Doepler ebenfalls, ein Gedenkblatt anläßlich der Zweihundertjahrfeier der Preußischen Krone zu entwerfen, das Wilhelm II. in einer Auflage von 200.000 Exemplaren drucken ließ und zur Verteilung in den Schulen zur Verfügung stellte. [31] Je ein Blatt bestimmte Wilhelm II. für die Stadtverordneten-Versammlung, den Magistrat und den Oberbürgermeister und hatte sie „eigenhändig" unterzeichnet - sie waren nicht, „wie irrthümlich berichtet, mit der Unterschrift in Faksimile versehen", korrigierte die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in ihrer Ausgabe vom 18. Januar.

Die „kunstvollen farbigen Gedenkblätter" waren Oberbürgermeister Kirschner am 13. Januar durch Graf Baudissin zugesandt worden, mit der Maßgabe, daß das zweite und dritte Exemplar für den Sitzungssaal des Magistrats und den der Stadtverordnetenversammlung bestimmt sei. In seinem Dankschreiben an Wilhelm II. legte Kirschner das „Gelöbniß unverbrüchlicher Treue" ab und unterzeichnete: „Euer kaiserlicher Majestät treu gehorsamste Stadtverordnete zu Berlin." [32]

Ein Original des Gedenkblattes ist nicht aufzufinden. Die Vermutung liegt nahe, daß es sich bei den beiden in der Festausgabe des Hohenzollernjahrbuches abgebildeten Zeichnungen Emil Doeplers um eine Wiedergabe des kaiserlichen Auftrages handelt. Deren Vervielfältigungen wären als kolorierte, nebeneinander auf einem Doppelbogen angeordnete Drucke (Lithographien) denkbar. Die Titel der Blätter im Hohenzollernjahrbuch variieren die Inschriften der von Emil Doepler im Auftrag Wilhelms II. entworfenen Denkmünzen: „FRIEDRICH I. 18. Januar 1701." und „WILHELM I. 18. Januar 1871."

 

Noch einmal wird hier „Wilhelm der Große" gewürdigt.
Wilhelm II. aber erscheint in derselben Position innerhalb der Komposition wie Friedrich II. , wird ihm gleichgestellt: Die Bildnisse Friedrichs II. und Wilhelms II. bilden den jeweiligen Mittelpunkt, über sich jene Hohenzollern, die die bedeutsamen Rangerhöhungen des Hauses erreichten - wenn auch der eine aus eigenem Antrieb, der andere gezwungenermaßen - unter sich die weniger und nicht erwähnenswerten Vorgänger.


Das Ordenfest bei Hofe am 17. Januar 1901

Wie anders als „durch ein glänzendes militärisches Schauspiel im Zeughause" konnten die Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler eingeleitet werden? [33] „Über seinem geschmückten Portal wehte heute die Preußenfahne, und auf den Staatsgebäuden rings herum hatte sich ein reicher Flaggen- und Fahnenwald entfaltet, aus dem die Kaiserstandarte, die Standarte des Königs von Preußen und der kurbrandenburgische Adler auf dem Königlichen Schlosse weit emporragten." [34] Die Umgebung des Zeughauses wurde bis über den Lustgarten hinaus abgesperrt, um die große Zahl „Königliche(r) Equipagen oder mit Generälen besetzte(n) Miethskutschen" sowie den Weg des Kaisers und seines Gefolges vom Schloß herüber abzuschirmen.

„Mit klingendem Spiel marschirte die Leibkompagnie des ersten Garderegiments im Paradezuge mit den hohen Grenadiermützen und angezogenen Mänteln an, ebenso die Leibeskadron des Regiments der Gardes du Corps, um die sämmtlichen Fahnen und Standarten des Gardekorps, die Tags zuvor im königlichen Schlosse vereinigt waren, abzuholen.

Kurz nach 9 1/2 Uhr trat die Leibkompagnie mit 47 lorbeergeschmückten Fahnen aus dem Schloß wieder heraus und marschirte unter den Klängen des Preußenmarsches nach dem Zeughause, vor dem sie mit der Front nach dem Eingang und den Feldzeichen auf dem rechten Flügel Aufstellung nahm. Ihr folgte die Leibeskadron mit sämmtlichen Standarten des Gardekorps, um sich links der Kompagnie anzuschließen.

Das Trompeterkorps blies den Hohenfriedberger Marsch. Auf dem äußersten rechten Flügel nahm der kommandierende General des Gardekorps v. Bock und Polach mit dem Kommandeur Obersten v. Plettenberg und sämmtlichen Offizieren des ersten Garderegiments Aufstellung." [35]

Viertel vor zehn betraten die Prinzen des Königlichen Hauses und die Kaiserin, in einem dunklen Mantel mit Hermelinbesatz, die Bühne. „Punkt 10 Uhr kam vom Schlosse her zu Fuß der Kaiser mit Gefolge. Der Kaiser trug große Generalsuniform und das Orangeband des Schwarzen Adlerordens unter dem grauen Hohenzollernmantel." [36] Nach Abschreiten der Front vor dem Zeughaus begab sich Wilhelm II. in den Lichthof. Dort brachte General von Bock und Polach „dem obersten Kriegsherrn die Glückwünsche des Offizierskorps zum Jubiläum dar, die unter dem Senken der Feldzeichen, dem Präsentiren der Truppen und dem Spiel der Musik in einem dreimaligen Hurrah ausklangen. Der Kaiser antwortete mit einer Ansprache. Bald nach 1 1/2 Uhr schon war die Feier im Zeughause zu Ende." [37]

 

Die Investitur der Ritter

Bereits eine viertel Stunde später versammelten sich die Ritter vom Schwarzen Adlerorden und die aktiven Minister im Rittersaal des Berliner Schlosses, um dort die kaiserliche Familie zur Ritterinvestitur zu erwarten. „An der Spitze der zu investirenden Ritter" stand „als Vornehmster der Kronprinz des Deutschen Reiches und Kronprinz von Preußen", „mit dem zwei weitere Thronfolger, Prinz Georg von Sachsen, der den Orden bereits über 53 Jahre besitzt, und der Kronprinz Rupprecht von Bayern, sowie der erste und höchstgestellte Beamte des Kaisers, Reichskanzler Graf v. Bülow, und ein um die Kavallerie hochverdienter General, der Generalinspekteur der Kavallerie Edler v.d. Planitz die Investitur erhielten."

 

Wilhelm II. legte, nachdem er sich vom Thron erhoben hatte, und die Auszuzeichnenden ihren Eid auf die Ordensstatuten abgelegt hatten, den Genannten die Ordenskette um den Hals. Eine letzte Fanfare beendete die Investitur. Die Ritter des Schwarzen Adlerordens begaben sich in den Kapitelsaal, wo hinter verschlossenen Türen die Aussprache über Angelegenheiten des Ordens stattfand. „Nach Beendigung des Kapitels wurden in der Schwarzen Adlerkammer die Ordensmäntel wieder abgelegt."

Im Rittersaal ließ sich anschließend die kaiserliche Familie die neu ernannten Ritter des Roten Adlerordens, des Kronen- und des Königlichen Hausordens vorstellen. Im „Königinnen-Gemach" hielt man Cour für die diesjährigen neuen Trägerinnen des Wilhelms- und des Luisenordens, des Verdienstkreuzes und der Roten Kreuzmedaille. Ein ausgewählter Personenkreis folgte dem Kaiser und seiner Familie dann zum Gottesdienst in der Schloßkapelle.

 

„worauf die Musik die Nationalhymne intonirte ..."

Gegen 14 Uhr schritt man zur Mittagstafel, die im Weißen Saal „für eine schier endlose Zahl der Geladenen" eingedeckt worden war. So endlos die Tafel war, so genau die Kleidervorschrift:

„Die Herren vom Zivil" hatten „in Gala mit preußischem Ordensband" zu erscheinen. Den inländischen [preußischen] Zivilisten war es untersagt, „von fremden Dekorationen" die ersten Klassen, die Halsorden und die Sterne anzulegen, wohl um den Glanz des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler, dessen Träger Ehrengäste der Tafel waren, nicht zu beeinträchtigen. Der Kaiser trank auf das Wohl der neuernannten und der altgedienten Ritter, „worauf die Musik die Nationalhymne intonirte, die von allen Anwesenden stehend angehört wurde."

Die illustre Gästeschar bestand einerseits aus einem Teil derer, die zum Ordensfest ausgezeichnet worden waren, andererseits aus Vertretern des preußischen und des deutschen Hochadels, der großen Hohenzollernfamilie und angeheirateten Mitgliedern des Hauses. Die Zahl der außerdeutschen Fürsten war verhältnismäßig gering. Doch waren Glückwünsche aus vielen europäischen Staaten und aus den Vereinigten Staaten von Amerika eingegangen. Rußland hatte den Großfürsten Wladimir entsandt, Großbritannien den Herzog Arthur von Connaught, Onkel des deutschen Kaisers.

Das Königreich der Niederlande vertrat Vizeadmiral Jontheer van Roëll. Königin Wilhelmina wußte nicht nur um die besondere Zuneigung ihres Verwandten Wilhelm II. zur Marine, sondern kannte auch seine große Wertschätzung für die Verbindung der brandenburgischen mit der niederländischen Geschichte. Wilhelm II. demonstrierte so lange die Pflege seiner außerdeutschen verwandtschaftlichen Beziehungen, wie die Familienmitglieder in Großbritannien, Ruáland und den Niederlanden die Kreise seiner außenpolitischen Ziele nicht überschritten. Wie brüchig diese Bindungen zwischen den europäischen Großmächten waren, wollte sich der Kaiser nicht eingestehen.

 

„Ihrer Majestät Königin der Niederlande" hatte Wilhelm II. am Morgen des 17. Januar 1901 ein Telegramm geschickt:

„Das Fest, welches durch Gottes Gnade Meinem Hause und Mir zu feiern vergönnt ist, lenkt zunächst zum Schöpfer Meinen Blick nach den Niederlanden. Dem großen Oranier-Geschlecht verdanken wir die Tugenden, welche den Großen Kurfürsten schmückten, verdanken wir die herrliche Fürstin, welche Preußen seinen ersten König schenkte. Zum Gedächtniß dessen und daß Niederländer unsere ersten Matrosen, ein Niederländer unser erster Admiral gewesen, habe Ich als Präsentiermarsch Meiner Marine den alten „Ehrenmarsch" der niederländischen Flotte verliehen.

Möge Gott Unsern beiden Häusern stets gnädig sein, wie er es einst in guten und bösen Tagen Unseren Vorfahren war. Meine Marine aber wird sich den Ausspruch Admiral de Ruyter's zu eigen machen: „Es ist mir lieber, daß ich nicht gelobt werde, von Niemandem, und daß ich nach meinem Gewissen frei handele, und meine Befehle so ausführen kann, wie ich soll." Wilhelm." [38]

Der gezielte Rückgriff auf Traditionen der monarchischen Repräsentation bei den Feierlichkeiten des Krönungs- und Ordensfestes 1901 sollte die Stärke der Monarchie bezeugen. Das Telegramm an Königin Wilhelmina war jedoch von einer kindlichen anmutenden Rührseligkeit, die weder dem Deutschen Kaiser anstand, noch den nach demokratischer Selbstbestimmung strebenden Zeitgenossen - auch im monarchisch-gesinnten Lager - Verständnis abringen konnte. Zudem war allgemein bekannt, daß schon der Große Kurfürst die geringen Erfolgsaussichten seiner Marine realistisch eingeschätzt hatte.

Aber Wilhelmina antwortete geschmeichelt:

„Ich danke Dir von ganzem Herzen für Dein Mich so sehr beglückendes Telegramm und für die Gefühle, die Dich an dem morgigen denkwürdigen Tage auch Meines Landes, Meiner Vorfahren und unseres Großen de Ruyter gedenken lassen. Deine Werthschätzung und Deine Anerkennung für die längst Dahingegangenen rührt Mich tief und hoch erfreut bin Ich über die Verleihung unseres alten Ehrenmarsches als Präsentiermarsch an Deine Marine. Du weißt, welch innigen Antheil Ich an diesem freudigen bedeutungsvollen Feste nehme! Ich wiederhole Dir Meine allerherzlichsten freundschaftlichsten Glückwünsche. Wilhelmina." [39]

Nachdem die festliche Mittagstafel aufgehoben worden war, begab sich der Kaiser zu einem weiteren Höhepunkt des Ordensfestes wiederum in den Rittersaal, zum Empfang der Deputierten der Provinz Ostpreußen und der Stadt Königsberg. Wilhelm II. hatte zur Jubelfeier der preußischen Krone „je einen Vertreter derjenigen Familien eingeladen, welche im Herzogthum Preußen bereits am 18. Januar 1701 angesessen gewesen sind." Es waren jene Personen ausgewählt worden, die „vom Heroldsamte als Haupt des ältesten Zweiges der Familien bezeichnet" worden waren.


... aus tiefstem Elend aufgerichtet

Die zwischen huldvoller Devotion und historisch begründetem Selbstbewußtsein verfaßte Adresse der Vertreter der Provinz Ostpreußen an Wilhelm II. ist im Wortlaut erhalten. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" übernahm den Text der „Königsberger Hartung'schen Zeitung":

„Wenn am heutigen Jubel- und Festtage die Geschichte der letzten 200 Jahre Hohenzollernschen Schaffens und Kämpfens an Eurer Majestät inneren Auge vorüberzieht, so muß die stolzeste Genugthuung Eurer Majestät Herz erfüllen, das Scepter eines Reiches in fester Hand zu halten, welches durch der Ahnen zähe Beharrlichkeit begründet, durch weise Sparsamkeit wehrhaft gemacht, durch hohen Wagemuth gegen Feinde ringsum siegreich behauptet und erweitert, aus tiefstem Elend durch des Fürsten und des Volkes Gottvertrauen nach siegreichem Kampfe wieder aufgerichtet und endlich in ungeahntem Glanze zum geeinten Deutschen Reich geworden ist.
Wir Ostpreußen aber stehen hier aus einem geschichtlichen Rechte. Denn Gottes gnädige Führung hat unser Land gewürdigt, dem neuen Königreich den Namen geben zu dürfen! (...)".

Des Kaisers Antwort an die Deputierten veröffentlichte der „Deutsche Reichs- und Königlich Preußische Staats-Anzeiger". Nach einer allgemeinen Danksagung und einer Huldigung auf Friedrich II. richtete Wilhelm II. das Wort direkt an die Vertreter der Provinz Ostpreußen:

„Sie aber, des Stammlandes des Königthums und der alten Krönungsstadt Vertreter, am heutigen Tage hier zu sehen, gereicht Mir zur besonderen Freude."

Auch Wilhelm II. sprach von der Zeit der napoleonischen Kriege, „jenen Jahren der herbsten Prüfung", in denen es die Ostpreußen waren, „in deren Haus und Herzen die königliche Familie sicher ruhte", und nicht genug: "die Ostpreußen wiederum waren es, die, als die Morgenröthe einer besseren Zeit anbrach, vorangingen in einer vaterländischen Erhebung, wie sie reiner, edler, opferbereiter die Welt nicht gesehen!"
Ergriffen dankte Wilhelm II. für dieses geschichtliche „Denkmal fester wie Erz" und beschwor:

„Treue um Treue! Dankbar werd Ich allzeit im Herzen halten, was die Provinz für König und Vaterland gethan hat, und gern ihr Meine Landesväterliche Huld und Fürsorge gewähren. So entbiete Ich Ihr auch heute Meinen Dank und Königlichen Gruß und ersuche Sie, geehrte Herren, dies allen denen kund zu thun, die Sie entsandt haben!"

Der Name der Königin Luise, der populärsten Gestalt des Hauses Hohenzollern nach Friedrich II. bis in unsere Zeit, fiel nicht.

„Nach stolzen und ergreifenden Reden, bedeutungsschweren und symbolischen Handlungen klang das 200. Fest des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler beschaulich aus. Nachmittags um 4 Uhr unternahm der Kaiser eine Ausfahrt durch den Thiergarten, über den Kurfürstendamm bis nach Halensee und kehrte durch die bereits in Illumination begriffene Straße Unter den Linden zurück. Bei der Abendtafel speiste das Kaiserpaar allein." [40]

Die „Illumination" Berlins leitete über zu den Festlichkeiten des Jubiläums der preußischen Krone am 18. Januar.

 

Das Krönungsfest am 18. Januar 1901

Die Illumination der Stadt, die Weine wahrhaft glänzende" war und die „innige Antheilnahme der Bevölkerung an dem Feste" bekundete [41], hatte Wilhelm II. befohlen. Er richtete einen Erlaß an das Staatsministerium, der auch den weiteren Festschmuck Berlins betraf, und ordnete an, daß

„die Staatsgebäude beflaggt werden und daß an allen Orten, in denen am 18. Januar 1901 aus Anlaß dieser Gedenkfeier eine allgemeine Illumination stattfindet, die fiskalischen Gebäude, soweit sie nicht als Dienstwohnungen benutzt werden oder nach ihrer Zweckbestimmung zur Beleuchtung ungeeignet sind, für Rechnung des Staates erleuchtet und die bezüglichen Kosten aus dem betreffenden Büreaubedürfnißfonds angewiesen werden, wogegen die Kosten der Erleuchtung der Dienstwohnungen von den Inhabern derselben zu tragen sind." [42]

Die alljährliche Illumination anläßlich des kaiserlichen Geburtstages am 27. Januar sollte dafür „in Wegfall kommen." [43]

 

Im Eifer des monarchischen Enthusiasmus

Die kaiserlichen Instruktionen wurden über Gebühr befolgt. Klagen über die Verpflichtung zum Festschmuck waren nicht zu hören. Besonders herausgeputzt hatte man das Berliner Schloß und dessen Umgebung. Begeistert schrieb der „Deutsche Reichs- und Königlich Preußische Staatsanzeiger", daß am Schloß „die Portalbauten der Lustgartenseite vom magischen Licht elektrischer Reflektoren übergossen" wurden. „Auch der Adler an der Ecke der Schloßterrasse erstrahlte in goldigem Glanze." Im Eifer des monarchischen Enthusiasmus erhielt das Schloß gar „Zinnen", von denen Scheinwerfer „blendendes Licht auf das Denkmal Kaiser Wilhelms I." warfen.

Die Freude über besondere Lichteffekte, auch durch technische Neuheiten, scheint kaum gebändigt worden sein zu können:

„In der Säulenhalle des Alten Museums verbreiteten elektrische Bogenlampen wahre Tageshelle, auf der Rampe der Nationalgalerie loderten bengalische Flammen, über das Wasser herüber erglänzte das Licht der zahlreichen Kerzen, die in die Fenster des Zeughauses und der Kommandantur gestellt waren."

Die Illumination des Opern- und des Schauspielhauses tat sich „ganz neu und eigenartig" durch „Rohrleitungen mit Schlitzen" in den Säulenhallen hervor, „aus denen Wasserdämpfe emporstiegen, die magisch roth beleuchtet wurden durch die Lichtfülle, die die hinter den Säulen verborgenen Bogenlampen ausstrahlten". „Dreifach flammende" Leuchtlinien im Portale, Lichtpyramiden und „farbige Flammen" auf den öffentlichen Gebäuden begeisterten Journalisten und Bevölkerung. Die Botschaften und Gesandtschaften hatten die Flaggen ihrer Länder aufziehen lassen.

 

In freudigem Staunen kam das Volk auf seine Rechnung

Auch privater Initiative war ein festlicher Schmuck der Stadt über das engere Zentrum hinaus zu verdanken: „allen voran die großen Bankinstitute, Geschäfts- und Waarenhäuser Unter den Linden, Friedrichstraße, Leipziger Straße und deren Umgebung, in welcher sich hauptsächlich eine festesfrohe und schaulustige Menge bewegte." Die Lichtdekorationen dehnten sich bis in abgelegenere Straßen und Stadtteile, sogar in die Vorstädte Berlins aus, „wo man allenthalben erhellte Wohnungen und erleuchtete Schaufenster bemerken konnte." [44]
Einzig der „Vorwärts" äußerte Kritik und spottete:

„Im freudigen Staunen kam das Volk vollends auf seine Rechnung. Die öffentlichen Gebäude nämlich strahlten genau nach amtlicher Vorschrift in begeistertem Lichtschmuck und ebenso hatten die großen Geschäftsinhaber ihr Spesenkonto durch Ausgaben für Flaggen und elektrische Lichteffekte erheblich belastet." [45]

Solche Diskrepanz in Erleben und Berichterstattung öffentlicher Feiern ist an sich nichts Besonderes und setzt sich bis in die Gegenwart fort.
Am Ehrentag der preußischen Krone schien die ganze Stadt auf den Beinen zu sein. „Von der Wilhelmstraße die Linden hinab bis zum Königlichen Schloße hatte das Publikum Spalier gebildet, denn es gab viel zu sehen." Spielten sich auch die eigentlichen feierlichen Akte des Krönungsfestes hinter den dem Volk verschlossenen Türen ab, mußten „Schutzleute zu Fuß" die Linien und „Berittene" die Straßen für die an- und abfahrenden Festgäste freihalten. [46]" Brot und Spiele" für das Volk verfehlten auch bei diesem Anlaß ihre Wirkung nicht.

Der Tag hatte für den Kaiser mit Kranzniederlegungen begonnen. Um viertel vor neun in der Früh begab sich Wilhelm II. zur Siegesallee, legte am Denkmal Friedrichs I. einen Kranz nieder und fuhr nach Charlottenburg zum Mausoleum, um hier seinen Großvater Wilhelm I. zu ehren. Es folgten dann die Empfänge für die geladenen Gäste im Berliner Schloß.
Die Stadt Königsberg hatte ihren Oberbürgermeister Hoffmann in Begleitung der beiden Vorsteher der Stadtverordneten-Versammlung nach Berlin entsandt, um dem Kaiser eine „Votivtafel" zu überreichen. Gleichzeitig gab man bekannt, daß die städtischen Körperschaften anläßlich des Kronjubiläums 10 000 Mark zu Festgeschenken von zwei und drei Mark an die Empfänger von Armengeldern ausgeben wolle. [47]

Die Votivtafel zeigte über dem Wappen der Stadt Königsberg den preußischen Adler, der sich mit ausgebreiteten Schwingen über dem Albrechtsbau des Königsberger Schlosses links und dem Berliner Schloß mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal rechts erhob. Aus dem Adler „gleichsam herauswachsend baut sich das Königthum auf, zunächst verkörpert in der Gestalt Friedrichs I. nach dem Denkmal von Schlüter ." Rechts und links rahmten Medaillons die Porträts Wilhelms I. und Wilhelms II. Die obere Inschrift lautete: „1701. 18. Januar. 1901. Krönungsjubiläum."

Schwarzer Adlerorden, Königs- und Kaiserkrone sowie in sechs Medaillons die übrigen preußischen Könige zierten die rechteckige, farbig gefaßte Tafel. Eine zweite Inschrift enthielt die Widmung an Wilhelm II.: „Seiner Majestät dem deutschen Kaiser und König von Preußen Wilhelm II. huldigt in Ehrfurcht am 200. Gedenktage der ersten Königskrönung die Stadt Königsberg." [48]


Kein Kaiserreich ohne die preußische Königskrone

Am Nachmittag begrüßte Wilhelm II. eine Abordnung des Bundesrates. Der Reichstag hatte bereits am 17. Januar Wilhelm II. seine Glückwünsche ausgesprochen. Der Präsident, Graf von Ballestrem, betonte, wenn auch die Feier in erster Linie eine preußische Feier sei, habe der Reichstag doch

„alle Veranlassung an demselben aus vollem Herzen theilzunehmen, mit hoher Freude und dankbarem Aufblick zu dem gütigem Gott, welcher die Geschicke unseres Vaterlandes so wunderbar gnädig geleitet hat." Ohne die Preußische Krönung, so begründete Ballestrem, hätte es kein Deutsches Reich geben können. Eine dritte Krone sprach er Kaiser Friedrich III. zu, „und zwar nach dem Vorbild seines göttlichen Heilands die Dornenkrone des Königlichen Dulders." [49]

In einer „Thronrede" richtete Ministerpräsident von Bülow am 8. Januar zur Eröffnung des preußischen Landtages anläßlich des Krönungs- und Ordensfestes Grüße des Kaisers aus und schloß mit den Worten, Seine Majestät sei sicher, daß es niemals „an der hingebungsvollen und verständnisvollen Mitwirkung des Preußischen Volkes und seiner verfassungsmäßigen Vertretung" fehlen werde, „festzuhalten und auszubauen", was in 200 Jahren „unter der Führung ruhmreicher Fürsten für Preußens Größe und Wohlfahrt errungen ist." [50]
Unter den Linden und in den umliegenden Straßen des Schlosses hatten sich die Menschenmassen im Lauf des Tages „zu festen Mauern verdichtet".

 

Der Anhalter Bahnhof von einer Schutzmannskette gesperrt

Als am Nachmittag der Kaiser im Anhalter Bahnhof seine Gäste aus Italien, Portugal und Sachsen erwartete, wurde „der nach der Möckernstraße zu gelegene Fernbahnsteig" „von einer dicht gezogenen Schutzmannskette für das Publikum gesperrt." [51] Die fürstlichen Gäste wurden im Schloß einquartiert, das auch im Inneren mit einem dem Anlaß entsprechenden Fahnenschmuck dekoriert worden war. Zur persönlichen Bedienung der Ehrengäste waren Mitglieder des Offizierskorps abgeordnet worden, die in den Fluren des Schlosses mit Ehrenkompanien und Galawachen aufwarteten. Anläßlich des Festgottesdienstes in der Schloßkapelle feuerte die im Lustgarten aufgestellte „Leibbatterie 1. Garde-Feld-Artillerieregiment ein Salut von 101 Schuß."

Gottesdienste von besonderer Feierlichkeit gab es am 18. Januar 1901 in großer Zahl. Sowohl an die Armee und an die Marine als auch an die Kirchen- und Schulbehörden ergingen kaiserliche Erlasse, die Festgottesdienste und weitere Feierlichkeiten anordneten. Auf diese Weise verpflichtete Wilhelm II. die gesamte preußische Bevölkerung, das Jubiläum der Krone gebührend zu erinnern. Auf seine Veranlassung hin trat das Preußische Staatsministerium auch mit den katholischen Bischöfen der preußischen Monarchie in Verbindung, die sich wie die evangelischen Kirchenvertreter der kaiserlichen Anordnung fügten.

Auf eine Geburtstagsfeier wollte Wilhelm II. verzichten „im Hinblicke auf die vorangegangene nationale Feier", setzte aber voraus, daß in den Gottesdiensten dieser Umstand erwähnt und „in den Schulen bereits am Tage vorher auf die Bedeutung des Tages hingewiesen" werden würde. [52] Wie weit die kaiserliche Verfügungsgewalt reichte, zeigt der Erlaß des evangelischen Kirchenrats an die Konsistorien vom 4. Januar 1901: Als Gebet wurde empfohlen „die 2. der in der kirchlichen Agenda für Kaisers Geburtstag bestimmtes Gebet, in welches an geeigneter Stelle die Danksagung an Gott den Herrn einzufügen sein wird, daß Er die Krönung des ersten preußischen Königs zum Grundstein hat werden lassen, auf welchem in einer 200jährigen Geschichte der starke Bau des einigen Reiches erstanden ist." [53]

Die gesellschaftliche Bedeutung der Jubiläumsfeier wird bis in nebensächlich erscheinende Anordnungen, Verfügungen und Gewährungen deutlich. Für die katholischen Gemeinden fügte Kardinal-Fürstbischof Kopp die Erlaubnis hinzu, bei eventuell stattfindenden, außerkirchlichen Feierlichkeiten auch am Festessen teilnehmen zu dürfen. Den Schulbehörden war befohlen worden, einen Festgottesdienst und eine Feier abzuhalten. Darüber hinaus sollte der Unterricht zur Feier des Tages ausfallen, wie es auch für alle staatlichen Behörden angeordnet worden war.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" zeigte am 18. Januar 1901 alle Kirchenfeiern in Berlin an, nannte die Prediger und faßte die wichtigsten Predigten zusammen. "Für die Schulen der Stadt war der heutige Tag ein Tag besonderer Freude. In allen Anstalten kamen werthvolle Festgaben zur Vertheilung, vor allem die kunstvollen farbigen Gedenkblätter, welche Seine Majestät der Kaiser und König durch Professor Doepler d. J. hat ausführen lassen, dann auch die Schrift „Preußen unter der Königskrone", die von hochherzigen Gönnern gespendeten Abdrucke des Festspiels „Hohenzollern" von Axel Delmar und andere die Bedeutung des Tages bildlich oder poetisch erläuternde Gaben." Der Bericht der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" erläuterte außerdem die Festakte der Berliner Schulen. [54]

 

Die Fahnen und Standarten mit frischem Lorbeer geschmückt

Mittelpunkt der Feiern für das Militär waren die „in allen Garnisonskirchen und Militärgemeinden feierlichen Gottesdienste." Auf Befehl des Kaisers sollten „die Truppentheile möglichst vollzählig mit deren Vorgesetzten im Paradeanzuge" daran teilnehmen. So weit möglich war der Anordnung Folge zu leisten, während des Gottesdienstes, „die Fahnen und Standarten, mit frischem Lorbeer geschmückt, am Altar aufzustellen." Ein Salut von 101 Schuß wurde dort gefordert, wo Artillerie vorhanden war. „Festessen" und „festliche Speisung" für Offiziere und Mannschaften standen auf dem Programm. Darüber hinaus wurde der 18. Januar für dienstfrei erklärt, aber es durfte nicht versäumt werden, die Mannschaften „schon vorher durch geeignete Offiziere über die Bedeutung der vor 200 Jahren erfolgten Erhebung Preußens zum Königreich zu unterrichten." [55] Der Wortlaut dieser Unterweisungen scheint vertrauensvoll den ausgesuchten Vorgesetzten überlassen worden zu sein.

Das Lieblingskind Wilhelms II., die kaiserliche Marine, erreichten besondere Verfügungen, „mit Rücksicht darauf, daß sie aus der ehemaligen preußischen Marine unmittelbar entstanden sei." Nach dem Gottesdienst mit ebenfalls möglichst vollzähliger Teilnahme erfolgten Parade und Paroleausgabe. „Alle Schiffe Sr. Majestät haben über die Toppen zu flaggen und die salutfähigen um 12 Uhr 21 Schuß Salut zu feuern." Marineangehörige und die Arbeiter der Staatswerften erhielten ohne Lohnausfall dienst- und arbeitsfrei. [56]

 

Eine Extra-Ausgabe des „Armee-Verordnungs-Blattes" verkündete am 18. Januar 1901 in goldfarbener Bordüre des Kaisers Worte „An Meine Armee!" und drei Erlasse, die sich an Armee und Marine wandten. Das Titelblatt zeigt einen Adler, von grünen, Früchte tragenden Bäumen gerahmt, vor strahlender Sonne, in der die Initialen WR ligiert erscheinen. Unter den empor gestreckten Schwingen erblickt man links das Königsberger Schloß, rechts das Schloß Berlin.

Die Ansprache Wilhelms II. beschwört die Unzertrennlichkeit von König und Armee im preußischen Staat, die „auf 200 Jahre alter Tradition" beruhe, und er dankt „der Armee aus bewegtem Herzen" „für ihre Hingabe, welche sie für mich und mein Haus im Dienste des Vaterlandes ohne Ruhe und Rast, Jahr aus, Jahr ein, selbstlos bethätigt." Als besondere Auszeichnungen anläßlich des preußischen Kronjubiläums verkündete Wilhelm II. an dieser Stelle die Stiftung des „Schießpreises" für die Infanterieregimenter und ein neues „Koppel- und Schärpenschloß" für die Marineangehörigen, auf dem fortan „auf dem Anker ein vergoldetes oder ein versilbertes W" getragen werden durfte.

 

Ein Standbild des Kurfürsten für Kiel

Nach Angaben der Kieler und der Wilhelmshavener Zeitung sollte dem Kommando der Marinestation Ostsee und der Marinestation Nordsee jeweils die Summe von 50 000 Mark überwiesen werden, „deren Zinsen für Hinterbliebene der zu den Stationen gehörenden Seeoffiziere der Kaiserlichen Marine zu verwenden seien." Der Marineakademie in Kiel stiftete Wilhelm II. ein bronzenes Standbild des Großen Kurfürsten. [57]

Ein Bronzeabguß gehörte auch zu den „Gnadengeschenken", die Wilhelm II. zur Feier des 18. Januar 1901 verteilte: Die Stadt Potsdam erhielt eine Replik des in der Siegesallee errichteten Standbildes Friedrichs II. „zur Aufstellung in der Plantage". Weitere Gnadengeschenke gingen an den Provinzialverband der vaterländischen Frauenvereine zu Königsberg in Preußen, an das Diakonissen-Mutterhaus in Danzig, das Hessische Diakonissenhaus, an den Gemeindeskirchenrat der Friedenskirche in Potsdam und an den Saalburgfonds zu Homburg. [58]


Theater für den Kurfürsten

Einen feierlichen Ausklang des Krönungsfestes am 18. Januar 1901 fand die höfische Gesellschaft in der „Fest-Vorstellung zur Zweihundertjahr-Feier des Königreichs Preußen" im königlichen Opernhaus. [59] Die dreieinhalbstündige Vorstellung bestand aus zwei Teilen: Zunächst gab man den „Adlerflug", ein Spiel von Josef Lauff mit der Musik von Josef Schlar. Ihm folgte das Schauspiel „Das Testament des Großen Kurfürsten" von Gustav zu Putlitz, wie der „Adlerflug" von „Oberregisseur" Max Grube in Szene gesetzt. [60]

Begeistert berichtete die „Vossische Zeitung" von beiden Stücken. Die naheliegende Vermutung, den künstlerischen Gestaltern der Festlichkeiten habe es an Phantasie gemangelt, wenn immer wieder der flügelschwingende Adler über Königsberg und Berlin bemüht wurde, wird spätestens mit diesem Spiel vom „Adlerflug" widerlegt. In der gewollten Wiederholung liegt Absicht. Sie betont die historische Kontinuität der Geschichte, als deren Garant die Hohenzollern-Dynastie sich bewährte.

 

Kraft, Treue und Gottvertrauen

Der „Adlerflug" begann „mit einer Ouvertüre in düstern ahnungs- und geheimnisvollen Weisen und Akkorden". „In wilder halbnächtiger Waldlandschaft" agierten Klio, die Geschichtsschreiberin, der „Zeitgeist", der „Werdegang", die „Kraft", die „Treue" und das „Gottvertrauen". „Sie alle sprachen pompös tönende und auch sinnvoll bedeutsame Worte in gebundener Rede", „die sich auf das Werden und Wachsen der Größe Deutschlands mit den und durch die Hohenzollern" bezogen.

Vor der im Hintergrund aufsteigenden Burg Hohenzollern erschien der „Genius der Hohenzollern" und sprach „in flammenden Worten von dieses Genius Kräften und Thaten, von des Vaterlandes Vergangenheit und Zukunft." Als mächtiger Pfeiler Brandenburg-Preußens durfte die Reformation in diesem feierlichen Spiel nicht fehlen: War es nicht der Übertritt der Hohenzollernfürsten Joachim, Albrecht und Johann in das protestantische Lager, dem der Protestantismus es verdankte, daá er sich im Deutschen Reich gegen die habsburgisch geführte katholische Partei durchsetzen konnte? - Es ertönte der „Gesang des Lutherischen Trutzliedes". Am Ende des Stückes erschien Friedrich I., „hebt die Krone empor, um sie auf sein Haupt zu setzen".Unter „rauschenden pompösen Schluß-Akkorden" und „schmetternden Fanfarenklängen" fiel der Vorhang.

 

Das „Testament des Großen Kurfürsten" beschrieb der Journalist der "Vossischen Zeitung" nur knapp in Hinsicht auf die Musik, da er dessen Inhalt bei den Zeitgenossen als bekannt voraussetzen konnte. Die vier Akte des Stückes wurden mit Orchestersätzen von Händel und Johann Sebastian Bach eingeleitet, „was eine eigenthümlich feierlich prächtige Wirkung machte. Als der Vorhang über dem Bilde der versöhnten Familie gefallen, verließ der Hof und die ganze Versammlung ohne jede Schlußdemonstration das Haus." [61]

Der „Vorwärts" widmete sich gleich zweifach dem „Adlerflug". Einmal um eine rhethorische Verirrung Ballestrems in seinen Glückwünschen an den Kaiser zu verspotten, ein anderes Mal zitierte er die „Münchener Allgemeine Zeitung", die berichtet haben soll, daß der „Adlerflug" „seine Entstehung einer Anregung des Kaisers" verdanke. Die Mutmaßung empörte die Sozialdemokraten gehörig, da man „den Flug des preußischen Mars ja nicht schildern" könne, „ohne zugleich derer zu gedenken, deren Bahnen er gekreuzt und mit denen er vielfach, auf Tod und Leben, gekämpft hat." Da viele Vertreter aus in- und ausländischen Staaten als Gäste der Aufführung beiwohnten, die einst Feinde Preußens waren, wolle man „aufrichtig wünschen, daß es gelungen sein möge, das Festspiel so zu gestalten, daß es den Ruhm der preußischen Monarchie und ihrer Beherrscher verkündigt, ohne bei einem der hohen und höchsten Herren vom Ausland Anstoß zu erregen oder peinliche Erinnerungen zu wecken."

 

„Ganz Berlin feiert"

Die Polemik des „Vorwärts" hatte Berechtigung.
Sie wirkt hinsichtlich der historischen Urteilsfindung vielfach als Korrektiv der emphatischen Begeisterung der bürgerlichen und der offiziellen Presse.

Daß alle Berlinerinnen und Berliner das Krönungs- und Ordensfest feierten, kann mit Sicherheit nicht behauptet werden. An der Oberfläche betrachtet sah es so aus. Wilhelm II. hatte alle ihm erreichbaren Institutionen entsprechend instruiert. Nebst Hof, Armee und Marine, Kirchen- und Schulräten erhielten die Universitäten, Akademien, technischen Hochschulen Anweisungen, angemessene Feiern zum preußischen Kronjubiläum zu veranstalten. Die Kommunalverwaltungen des Königreichs wurden auf „die staatliche Feier des 18. Januar" aufmerksam gemacht und mit Empfehlungen für „geeignet erscheinende festliche Veranstaltungen" bedacht.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" verkündete Tage vorher die Fest-Initiativen in Berlin und ganz Preußen: Der „Berliner Deutsch-konservative Wahlverein" wolle am 18. Januar im großen Saal der Philharmonie „ein Fest-Kommers" abhalten, zu dem eine Festrede des Archivrats Paul Bailleu zu erwarten sei. Die Berliner Jüdische Gemeinde habe in allen Gemeinde-Synagogen einen feierlichen Gottesdienst und für die Schüler der jüdischen Religionsschulen eine eigene Feierlichkeit angeordnet.

 

Fest-Kommers im Zoologischen Garten

Die Turnerschaften planten einen Begrüßungsabend im Städtesaal des Kaiserkellers und am 19. Januar einen „großen Jubiläumskommers" in den Sälen des Zoologischen Gartens, zu dem auch auswärtige Turnerschaften Vertreter schicken wollten, „so daß sämmtliche Farben des Verbandes vertreten sein werden."
Die „Ältesten der Berliner Kaufmannschaft" beschlossen anläßlich des Kronjubiläums aus Mitteln der Korporation eine „Hohenzollern-Jubiläums-Stiftung im Betrage von 50 000 Mark".

Der Hauptverband der Berliner Kriegervereine fand sich am 18. Januar zu einer Erinnerungsfeier in der Brauerei am Friedrichshain zusammen, an dem sich der Lehrergesangsverein beteiligte, und die preußischen Landsmannschaften feierten im Saal Landsberger Straße 31.
Im „Schloß Schönholz" versammelte sich die Berliner Schützengilde zu „einem großen Jubiläumsschießen", das mit einer abendlichen „großen patriotischen Feier" in den „Concordia-Sälen" fortgesetzt wurde, wo unter anderem „in lebenden Bildern die Hohenzollern vorgeführt" wurden. „Von der konservativen Fraktion und der Reichspartei" wurde ein „gemeinschaftliches Festessen" gemeldet, zu dem „Seehandlungspräsident a. D. Freiherr v. Zedlitz" die Festrede hielt. [62]

 

120 000 Mark für die Krieger-Stiftung

Der „Preußische Landes-Kriegerverband" überreichte Wilhelm II. eine Stiftung, „welche von den Mitgliedern der preußischen Kriegervereine aus Anlaß der Zweihundertjahr-Feier des Königreichs Preußen gesammelt worden ist." Die Abordnung erhielt am 16. Januar eine Audienz beim Kaiser im Fahnensaal des Berliner Schlosses. Man legte dem obersten Kriegsherrn die stolze Summe von 120 000 Mark „zu Füßen" und bat, „die Preußische Kriegerstiftung Wilhelm II." „auf Befehl" des Kaisers gegründet wissen zu dürfen.

Zweck der Stiftung sollte die finanzielle Unterstützung von Hinterbliebenen von Kriegsteilnehmern sein. Man beabsichtigte, das Grundkapital durch einen jährlichen Betrag aufzustocken, „so daß an dem Tag jeden Jahres, welcher der Erinnerung an ein Ereigniß geweiht ist, das sowohl für Preußen wie für ganz Deutschland von größter und segenvollster Bedeutung wurde, immer mehr sorgenvollen Herzen aus der Stiftung ein freundlicher Trost gespendet werden kann."

Auf ideale Weise verbanden sich in dieser Stiftung monarchische Loyalität und soziales bürgerliches Engagement, dessen Umfang auch den Kaiser überraschte: „Sehr sympathisch berührt", sei er. „Denn eine Stiftung, welche bestimmt ist, Noth zu lindern und Thränen zu trocknen, ist viel besser geeignet, die Erinnerung an diesen Tag wach zu halten, als jede andere Widmung, welche Mir dargebracht worden wäre." [63]

Der Menschenfreund fragt sich, warum der Kaiser die Not „seiner Soldaten" nicht linderte, überstieg doch der Betrag noch die Summe, die Wilhelm II. der Marine als „Gnadengeschenk" zum 18. Januar hatte überweisen lassen. - Auf diese und andere Stiftungen anläßlich des Krönungsfestes hätte Bürgermeister Kirschner guten Gewissens in der Diskussion um die König-Friedrich-Stiftung in der Stadtverordnetenversammlung hinweisen können, wohl aber kaum die sozialdemokratischen Gemüter beruhigt.

 

Eintracht der Berliner Studenten

Waren den Lehrstätten, den Studenten und Professoren, die Feiern zum Krönungsfest auch verordnet worden, scheint man überall mit Ernst und Eifer an eine angemessene Ausrichtung der Festlichkeiten herangegangen zu sein. Mit Begeisterung beteiligten sich die Studenten der fünf Berliner Hochschulen an der „Auffahrt", die am 17. Januar in einem Zug von 46 Wagen, wovon dreißig die Technische Hochschule stellte, stattfand. Die Korporationen versammelten sich in Charlottenburg und am Großen Stern, von wo die Wagen in die Siegesallee eilten, wo die Studentenschaft am Denkmal Friedrichs I. einen Kranz niederlegte.

Über das Brandenburger Tor und die Linden fuhren sie zum Denkmal Kaiser Wilhelms I., über den Werderschen Markt, durch die Markgrafen- und die Mohrenstraße zum Wilhelmplatz, durch die Voß- und die Tiergartenstraße zum Zoologischen Garten, wo mit einem „Chargierten-Frühstück die patriotische Huldigung ihren Abschluß fand." [64]

 

Zu einem „Fest-Commercium" lud die Berliner Studentenschaft in die Brauerei Friedrichshain ein. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" wies auf die integrative Wirkung der Jubiläumsfeier hin, denn „der imposante Festkommers (...) hatte zum ersten Male wieder seit Jahren alle Korporationen der alma mater vereinigt." [65] Der Prolog, verfaßt von dem Dichter Julius Wolff, wies „in jene Zeit, in der der Kurfürst von Alt-Brandenburg in seines Herzens Schrein den Willen trug, Preußen zu einem Königreich zu machen, der dann zeigte, wie er diesen Willen verwirklicht, und wie aus Preußens Königthum sich das Kaiserreich entwickelt."

Als Festredner trat Professor Lenz auf, „die Brust geschmückt mit den Zeichen der auf den Schlachtfeldern des Vaterlandes errungenen Ehren". Auch Lenz schlug den historischen Bogen der politischen Kontinuität des kurfürstlichen Brandenburg zum königlichen Preußen und kaiserlichen deutschen Reich. Aber er betrachtete es als ein Glück, daß „vor 50 Jahren" der „Umguß" der preußischen Königskrone zur Kaiserkrone mißlang, denn die Krone Friedrichs I. sei so „ein neuer Keil geworden, um auseinander zu treiben das morsche Gefüge der alten Reichsverfassung und uns das neue Reich entstehen zu lassen, dessen Krone nicht mehr allein das Symbol ist hohenzollernscher Machtvollkommenheit, sondern das Siegel der Einheit der deutschen Fürsten und ihres Bundes mit der ganzen Nation."

 

Professor Harnack lobt die treue Pflichterfüllung

Professor Adolf Harnack, Rektor der Friedrich-Wilhelms-Universität, schloß die feierlichen Reden, betonte seine „freudige Anerkennung der bei dem Feste zu Tage getretenen Einigung der Berliner Studentenschaft" und versäumte nicht, „auf die treue Pflichterfüllung hinzuweisen, auf der die Größe des preußischen Staates sich" gründe. [66]

Feierliche Reden und Musik bildeten den Kern der Festakte der Berliner Hochschulen und Akademien. Im Namen der Königlichen Akademie der Künste lud Hermann Ende für den 17. Januar zur mittäglichen Vorfeier in den großen Saal der Sing-Akademie ein. Der Einladung war das Programm angefügt: Der Fest-Ouverture C-Dur op. 35 von Professor Albert Dietrich folgte die Festrede Paul Seidels, Direktor des Königlichen Hohenzollernmuseums, „Andreas Schlüter als Bildhauer" und eine Cantate für Chor, Soli und Orchester nach Worten der Heiligen Schrift, verfaßt von Professor Xaver Scharwenka. [67]

Alle an der Gestaltung der Feier Beteiligten waren Mitglieder der Akademie, auch der Kapellmeister, Joseph Joachim, der Chor und Orchester der akademischen Hochschule für Musik an diesem Tag dirigierte. Die Cantate hatte Scharwenka eigens für das Kronjubiläumsfest komponiert. [68]

Das Akademiegebäude erhielt nicht nur einen würdigen Festschmuck durch Baurat Karl von Großheim [69], die an der Fassade in einer das Portal durch vergoldete Dekoration und einem Panneau mit Adler bestand, im Inneren durch Stoffe, Gewächse, Tanne und Lorbeer sowie ornamentale Malereien Vestibule und Ausstellungsräume in eine „festliche Stimmung" brachte, sondern barg auch eine eigens zum Kronjubiläum zusammengestellte kunsthistorische Ausstellung. „Teppiche und Möbel aus den Königlichen Schlössern schmücken die so entstandenen ruhig getönten Räume und vervollständigten den Rahmen für die ausgestellten Kunstwerke."


Künstler für den patriotischen Zweck

Die Ausstellung zeigte Porträts der Könige und Darstellungen wichtiger historischer Ereignisse, zu der ein Katalog herausgebracht wurde, der einem „patriotischen Zweck" dienen sollte, indem er die ausgestellten Werke, Gemälde und Skulpturen von Schlüter, Pesne, Menzel, Rauch, Krüger, Richter, Angeli, von Werner, Skarbina und Begas, dauerhaft in Erinnerung rief. Rede und Katalog verwiesen darauf, „daß nicht eigener Verdienst Friedrichs I. den Anspruch auf das Königthum gegeben, sondern daß er nur die reife Frucht der glorreichen Herrschaft seines großen Vaters gepflückt habe."

- Warum nur hatte nicht schon Kurfürst Friedrich Wilhelm die Krone in Preußen erstrebt und erlangt? Das Bedauern über diesen Mißklang in der brandenburgisch-preußischen Geschichte war groß, und man versuchte, sich mit den wenigstens nicht geringen kulturellen Leistungen des ersten preußischen Königs zu trösten.
Habe die Regierungsgeschichte Friedrichs I. auch „nicht gerade immer zu erhebenden Betrachtungen Veranlassung" gegeben, „so sei das Studium des geistigen und künstlerischen Lebens an seinem Hofe um so interessanter". [70]

Friedrich I., der Ungeliebte, der Vielgeschmähte, gab Anlaß zu den prächtigsten und umfassendsten Festlichkeiten zum preußischen Kronjubiläum seit 1701. Gefeiert wurden andere. In der Akademie war es Schlüter, der posthum stürmischen Beifall erntete. Der Festvortrag Seidels wurde gedruckt und war, wie die „Vossische Zeitung" am 18. Januar meldete, für fünfzig Pfennige „im Handel erschienen und weiteren Kreisen zugänglich gemacht" worden. Rede und Katalog wurden durch den Versand an Museen, Hochschulen und Akademien, Behörden und Bibliotheken über Berlin hinaus verbreitet. [71]

Die Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin und die Technische Hochschule in Charlottenburg veranstalteten ihre Festakte am 18. Januar. Die Technische Hochschule feierte in der Halle ihres Hauptgebäudes. Ein Festgesang des Berliner Lehrergesangsvereins unter der Leitung von Professor Felix Schmidt war dem Vortrag von Fritz Wolff, Rektor der Hochschule und Geheimer Baurat, vorausgegangen. Wolff sprach über: „Berlin als Stadt der Hohenzollern." Auch diese Rede erschien im Druck, auch hier übte sich der Vortragende in pathetischem Patriotismus und in monarchischer Loyalität. [72]

 

Nur Lob für Kunstliebe und Kunstförderung

Eine Besonderheit aber liegt in seinen Worten: Wolff richtete nicht über den König, Friedrich I.! „Die Bauwerke, die Friedrich I. zur Verschönerung seiner Residenz errichtete, bilden noch heute den vornehmsten Schmuck Berlins und besitzen einen Maßstab, der sogar für die Kaiserliche Reichshauptstadt nicht zu klein ist." Nur Lob für Kunstliebe und Kunstförderung ist aus den vierzehn Seiten zu lesen. Wie der Staat, dessen Erhebung zum Königreich man feierlich gedachte, sei die spätere Hauptstadt Berlin aus unbedeutenden Anfängen durch die Hohenzollern zu einer blühenden Kunststadt erwachsen, zu deren Wohl jeder Hohenzollernfürst sein Teil beigetragen habe.

„Wenn heute das ganze deutsche Volk sich huldigend um den Kaiserlichen Thron schaart, wenn die ganze Nation dankerfüllt zu dem erhabenen Leiter der Geschicke des deutschen Reiches, dem Hüter des Friedens, dem Förderer der Künste und Wissenschaften emporschaut, da gehört Berlin in die erste Reihe, um seinem Kaiser das Gelübde der Treue zu erneuern, das es einst vor nahezu fünf Jahrhunderten als bescheidene Landstadt dem ersten Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern geleistet und vor zwei Jahrhunderten als aufblühende Residenz dem ersten Könige Preußens wiederholt hat."
Der monarchische Blick trübte das Bild der Vergangenheit, übersah mit welch bitterem Trotz Berlin und Cölln nach der Ankunft der Hohenzollern in Brandenburg dem Druck der neuen Herren sich - zuletzt vergeblich - entgegen gestellt hatten.

Zu einem Festakt in der Aula der Friedrich-Wilhelm-Universität „in Verbindung mit der Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers und Königs" lud Rektor Harnack ein. Professor Kaftan betonte in seiner Festrede, daß man „kein Ehrenfest nur des Herrscherhauses, sondern ein Fest des deutschen Volkes" begehe.

 

Der kräftige Hort des Protestantismus

In seiner historischen Einleitung, in der die Krönung Friedrichs III. in Königsberg als „ein Markstein in der deutschen Geschichte" und die Vereinigung des preußischen Ordenslandes mit den anderen brandenburgischen Territorien als „der kräftige Hort des Protestantismus" bewertet wurde, die Haltung der Hohenzollern-Fürsten dargestellt wird, die „ihr Herrscheramt alle Zeit nichts als ein Recht, sondern als eine Pflicht ansahen", spannt Kaftan den Boden zu jenen Männern Preußens, die „zur rechten Zeit" den Hohenzollern zur Hand waren, und widmet sich beispielhaft dem Philosophen der Aufklärung, Immanuel Kant.

Es sei kein Zufall gewesen, daß die Kantsche Lehre vom kategorischen Imperativ im protestantischen Norden entstanden sei. Die „Erfüllung der sittlichen Pflicht", bedingungslos dem Gebote des Gewissens zu folgen", sei „schlechthin das Fundament für alles sittliche Handeln" und durch „keine Blüthe der Kultur, keine ästhetische Genußfreude" zu ersetzen. Das Kaisertum der Hohenzollern habe dem Volk neue Wege gewiesen, die es auf der Grundlage des von Kant formulierten kategorischen Imperativs auch zu gehen vermöge. [73]

Wie sehr bei diesem Kronjubiläum der regierende Kaiser verehrt wurde, machen auch die feierlichen Dekorationen an den Festorten deutlich, wie das Beispiel der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule zeigt, die eine Büste Wilhelms II. unter einem Baldachin aufgestellt hatte. Ein Telegramm erreichte den Kaiser von der Königsberger Universität Albertina, die ihm, „großer Erinnerungen voll, das Gelübde unwandelbarer Liebe und Treue huldigend an den Stufen des Thrones" niederlegte. [74]

 

Bei aller Liebe – keine Amnestie

Doch bei allem Glanz fielen doch zwei Wermutstropfen in das Glas des Krönungsfestes. Mit großem Bedauern registrierte die Öffentlichkeit, daß dem Amnestie-Begehren keine Beachtung geschenkt worden war, das auf Anfrage der Presse vom Justizministerium „für geeignet" erachtet worden war, einen „politisch guten Eindruck" zu machen.

„Eine Amnestiegewährung besonders in Bezug auf Majestätsbeleidigung und andere politische Vergehen, wie Widerstand gegen die Staatsgewalt und Verletzungen der öffentlichen Ordnung" hatte man erwartet und dem Kaiser zur Kenntnis gebracht. [75] Es fand sich „bei AllerhöchstDemselben [sic!] aber keine Geneigtheit zur weiteren Verfolgung" derselben, stellte das Preußische Staatsministerium am 23. Januar fest.

Der „Vorwärts" hatte am 19. des Monats, offensichtlich in Unkenntnis der ministeriellen Empfehlung, kommentiert:

„Gleichgültig wie man dem Fest entgegensah, hat man es überwunden. Nur in einem wich die Gleichgültigkeit dem Erstaunen und selbst der Erbitterung. Man hatte eine Amnestie erwartet. Man hatte gemeint, die Ratgeber der Krone würden eine weitherzige Uebung des Gnadenrechts empfehlen, so daß in manche trauernde Familie freudiges Glück getragen worden wäre. Der erwartete Gnadenakt ist völlig ausgeblieben. Zahlreiche, die diesem Tag hoffend entgegensahen, bleiben enttäuscht und tragen doppelte Last in der Sühnung ihrer etwaigen Verschuldung."

 

Der Initiator der tagelangen Feierlichkeiten im Januar 1901, der lebende Adressat aller erbrachten Huldigungen, Kaiser Wilhelm II., wurde unsanft aus dem glänzenden Traum des Krönungs- und Ordensfestes herausgerissen. Er hatte Nachricht erhalten, daß der Gesundheitszustand seiner britischen Großmutter sich bedrohlich verschlechterte, und reiste in Begleitung des Herzogs von Connaught nach England, um am Sterbebett Königin Victorias zu weilen:

„Die Nachrichten über das Befinden der englischen Königin müssen so bedenklich gewesen sein, daß in der Halle des Potsdamer Bahnhofs zu Berlin bereits der Hofzug für den Kaiser bereit stand." [76]

Die Queen verstarb am 22. Januar 1901, wie Wilhelm II. in seinen Mémoiren behauptete, in den Armen ihres kaiserlichen Enkels. [77]

Zur Trauerfeier Victorias befahl Wilhelm II. mehrere Schiffe der kaiserlichen Marine unter Oberbefehl des Prinzen Heinrich von ihrem Kieler Stützpunkt nach Spidhead, wo am 2. Februar anläßlich der Beisetzung der Queen eine Flottenparade stattfand. Wilhelm II. kehrte hochdekoriert, als „Feldmarschall der britischen Armee" nach Berlin zurück, dessen Bürger längst ihren gewohnten Lebensrhythmus wiedergefunden hatten.


Quellen

Landesarchiv Berlin
LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619. Acta der Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin, betr. Die Zweihundertjahrfeier des Königreichs Preußen.

Geheimes Staatsarchiv Berlin
GSTA PK, BPH Rep. 53, Nr. 418, Festvorstellung zur 200 Jahrfeier des Königreichs Preußen im Kgl. Opernhaus.
GSTA PK, I. HA Rep. 89, Königliches Geheimes Civil-Cabinet, Nr. 2628, Akten betr. die Verleihung von Orden und Ehrenzeichen aus Anlaß des Krönungs- und Ordens-Festes.
GSTA PK, I. HA Rep. 89, Königliches Geheimes Civil-Cabinet, Nr. 2629, Akten betr. die Verleihung von Orden und Ehrenzeichen aus Anlaß des Krönungs- und Ordens-Festes.
GSTA PK, I. HA Rep. 89, Königliches Geheimes Civil-Cabinet, Nr. 2630, Akten betr. die Verleihung von Orden und Ehrenzeichen aus Anlaß des Krönungs- und Ordens-Festes.
GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975, Akten betr. Die Feier des 200jährigen Jubiläums der Krönung des Königs Friedrich I.
GSTA PK, I. HA Rep. 90, Preußisches Staatsministerium, Nr. 2042, General-Akten betr. den Verdienstorden der preuß. Krone.
GSTA PK, I. HA Rep. 90, Preußisches Staatsministerium, Nr. 2113, Spezialakten, betr.: Die Ordensverleihungen zum Krönungs- und Ordensfeste 1901.

Stiftung Archiv Akademie der Künste
PrAdK, Nr. I/277.


Anmerkungen

1 Titelzitat: „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 18. 1.1901.
In diesem Aufsatz wird nicht auf die Krönung Friedrichs I. am 18. Januar 1701 eingegangen, weshalb hier die Literatur angegeben wird, die über diesen Gegenstand Auskunft gibt:

Peter Baumgart untersucht das historische Urteil über Friedrich I. und den Gewinn der Krone: Die preußische Königskrönung von 1701, das Reich und die europäische Politik, in: Preußen, Europa und das Reich, hg. von Oswald Hauser, Köln/Wien 1987 (= Neue Forschungen zur Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Band. 7).

Gerhild H. M. Komander analysiert die Graphik zur preußischen Königskrönung: Der Wandel des „Sehepuncktes". Die Geschichte Brandenburg-Preußens in der Graphik von 1648-1810, Hamburg/Münster 1995, S. 89-103.

Der Ausstellungskatalog des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz „Via Regia", hg. von Iselin Gundermann, beschreibt anhand der Bestände des Archivs „Preußens Weg zur Krone", Berlin 1998.

Der Entstehungsgeschichte von Johann von Bessers "Preußischer Krönungsgeschichte" von 1702 geht Adelheid Rasche nach: Bilder aus zweiter Hand - Zur Publikation der Preußischen Krönungsgeschichte 1702 bzw. 1712, in: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz, Band XXXV, Berlin 1998, S. 189-201.

Zu den Staatsporträts und zur preußischen Krone: Veronica Biermann, Katalogpositionen I.83 bis I.93 in: Sophie Charlotte und ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen, Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, München/London/New York 1999.

2 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619: Acta der Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin, betr. Die Zweihundertjahrfeier des Königreichs Preußen: Auszug aus dem stenographischen Bericht der Sitzung vom 3. Januar 1901.

3 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 2).

4 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 2).

5 Jonas, S. 1. Jonas zitiert hier nach eigenen Angaben den Philosophen Friedrich Adolf Trendelenburg (1802-1872), der ab 1833 Professor an der Friedrich Wilhelm-Universität zu Berlin und ab 1946 Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften gewesen war.

6 Jonas, S. 16.
7 Jonas, S. 24.
8 Jonas, S. 30.
9 Jonas, S. 34.


10 Jonas, S. 57.

11 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 2): Sitzungsprotokoll vom 20. Dezember 1900 und vom 7. März 1901. – Vgl.: Jonas, S. 62.

12 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619: Sitzungsprotokoll vom 22. November 1900.

13 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 12).
14 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 12).
15 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 12).

16 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 12).

17 LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619. Sitzungsprotokoll vom 19. Juni 1901.

18 Im Sitzungsprotokoll der Stadtverordnetenversammlung vom 10. Januar 1901 rechnete der Magistrat: Ein Haus für ca. 40 Mieter in Wohnungen ... 1-2 Zimmer und Küche inclusive Grundstückserwerb koste etwa 200.000 Mark, in: LAB, A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 2). Mit dem Startkapital wären demnach fünf Häuser mit insgesamt 200 Wohnungen zu erbauen gewesen.
Daß sich die Wohnungsnot in Berlin um 1900 auf ihrem Höhepunkt befand, ist in der Forschung ebenso unumstritten wie die Tatsache, daß Staat und Stadt für die schweren Versäumnisse im Wohnungsbau einen großen Teil der Verantwortung trugen.
Vgl. die Beurteilungen in den Handbüchern: Heimatchronik Berlin, hg. vom Archiv für Deutsche Heimatpflege, Köln 1962, S. 427-430 und 713-717; Geschichte Berlins, Band 2: Von der Märzrevolution bis zur Gegenwart, hg. von Wolfgang Ribbe, München 1987, S. 700-710.
Aus der umfangreichen Spezialliteratur sei auf Werner Hegemann verwiesen: Das steinerne Berlin. Geschichte der größten Mietskasernenstadt der Welt, Berlin 1930.

19 Vgl.: Reinhold Koser, Das Jubiläum der preußischen Königskrone, in: Hohenzollernjahrbuch 4, hg. von Paul Seidel, Berlin/Leipzig 1900, S. 1.

 

20 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975.

21 Von Werner mußte deshalb die Teilnahme an der Krönungsfeier der Akademie absagen: Stiftung Archiv Akademie der Künste, PrAdK, Nr. I/277.

23 Mendelssohn wurde auf Vorschlag des Präsidenten des Deutschen Flottenvereins in seiner Tätigkeit als Hauptschatzmeister des Deutschen Flottenvereins mit dem Königlichen Kronenorden III. Klasse ausgezeichnet. GSTA PK, I. HA Rep. 89, Königliches Geheimes Civil-Cabinet, Nr. 2628.

23 „Vossische Zeitung" vom 18.1.1901, zweite und dritte Beilage zur Abendausgabe. Der „Vorwärts" kritisierte am folgenden Tag die „grobe Gesetzesverletzung" der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", die ebenfalls die Ordensliste am 18.1. veröffentlichte, des nachts gedruckt. Da dies „der patriotischen Geschäftsleitung wohl zu teuer wurde, nahm man zu weiblichem Personal die Zuflucht und so arbeiteten 12 Frauen von 10 Uhr abends bis 3 Uhr morgens. Mangel an männlichem Personal kann man nicht vorschützen, denn nach unsern eingehenden Erkundigungen war solches leicht zu besorgen."

24 GSTA PK, I. HA Rep. 90, Preußisches Staatsministerium, Nr. 2042.

25 Die Original-Urkunde sollte an das Geheime Staatsarchiv abgegeben werden, befindet sich aber nicht in der entsprechenden Akte (Nr. 2042). Ohne weiteren Kommentar gab auch der „Vorwärts" am 19.1.1901 auf seiner Titelseite die Ordensstiftung bekannt.

26 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Rundschreiben des Finanzministers von Miquel an der Präsidenten des Königlichen Staatsministeriums, den Reichskanzler und andere vom 30.11.1900.

27 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Schreiben von Miquels an Wilhelm II. vom 27.12.1900.

28 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Sitzungsprotokoll vom 21.1.1901.

29 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Sitzungsprotokoll vom 11.2.1901.

 

30 Karl Emil Doepler, geboren 1824 in Schnepfenthal, arbeitete als Architekturmaler und Illustrator, nach einigen New Yorker Jahren als Kostümzeichner und Lehrer in Weimar. Er ließ sich 1870 in Berlin nieder, wo er sich u.a. durch über 500 Zeichnungen zur Aufführung von Richard Wagners "Ring der Nibelungen", 1876 in Bayreuth, und Malereien in der Villa Raven‚ einen Namen machte. Brockhaus' Conversationslexikon, Leipzig 1883.

31 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Sitzungsprotokoll vom 31.12.1900. Von der „sinnige(n) Gabe" Wilhelms II. berichtete auch die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 17.1.1901.

32 LAB A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 2): Sitzungsprotokoll vom 17.1.1901.

33 „Berliner Tageblatt" vom 17.1.1901. Zum Schwarzen Adlerorden siehe: Paul Seidel, Die Gründung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler und die Königskrönung am 17. und 18. Januar 1701 in Königsberg in Ostpreußen, in: Hohenzollernjahrbuch (wie Anm. 52), S. 127-139. S. 132 stellt in Reproduktionen der Kupferstiche in den Statuten des Ordens die Insignien des Schwarzen Adlerordens unter Friedrich I. vor. Im Aufsatz Seidels finden sich weitere zeitgenössische und historistische Darstellungen der wilhelminischen Ära zum Thema.

34 Ebenda. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" hatte bereits am 10.1.1901 von entsprechenden kaiserlichen Erlassen und dem geplanten protokollarischen Ablauf der Feier im Zeughaus berichtet.

35 „Berliner Tageblatt" vom 17. Januar 1901.
36 Ebenda.
37 Ebenda.

38 „Deutscher Reichs- und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger" vom 15.1.1901. Der „Vorwärts" druckte die Telegramme kommentarlos auf der Titelseite der Ausgabe vom 19.1.1901 ab, ließ sie allerdings auf den Bericht über die kaiserlichen Auszeichnungen für Armee und Marine folgen und fürchtete ob des von Wilhelm II. verkündeten Enthusiasmus, daß „auch das neue Milliarden-Marineprogramm dem Kaiser nicht mehr genüge."
39 Ebenda.

 

40 „Vossische Zeitung", vom 19.1.1901.

41 "Deutscher Reichs- und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger" vom 18.1.1901.

42 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Schreiben vom 2.1.1901.

43 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Sitzungsprotokoll vom 31.12.1900.

44 Alle Zitate: "Deutscher Reichs- und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger" vom 19.1.1901.

45 „Vorwärts" vom 19.1.1901.

46 „Deutscher Reichs- und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger" vom 19.1.1901.

47 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 10.1.1901.

48 Beschreibung und Zitate: „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 16.1.1901.

49 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 20.1.1901.

 

50 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975.

51 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 19.1.1901.

52 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Sitzungsprotokoll vom 31.12.1900.

53 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 10.1.1901.

54 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 18.1.1901.

55 Alle Zitate: „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 16.1.1901.

56 Alle Zitate: Ebenda.

57 GSTA PK, I. HA Rep. 89, Preußisches Staatsministerium, Nr. 2630. Das Standbild befindet sich heute auf dem Gelände der Bundeswehr in Eckernförde.

58 Der Saalburgfonds lag Wilhelm II. besonders am Herzen, da er selbst 1897 den Beschluß gefaßt hatte, dieses Römerkastell wieder aufbauen zu lassen. Er setzte sich persönlich für die Beschaffung der erforderlichen Gelder ein. Erst wenige Monate vor dem Krönungs- und Ordensfest, am 11.11.1900, war die feierliche Grundsteinlegung zur Wiedererrichtung der Saalburg erfolgt. Vgl.: Hundert Jahre Saalburg. Vom römischen Grenzposten zum europäischen Museum, hg. von Egon Schallmayer, Mainz 1997.

59 GSTA PK,, BPH Rep. 53, Nr. 418. Die in der Akte befindliche handschriftliche Sitzordnung gibt die komplette Liste der fürstlichen Gäste zum Kron- und Ordensfest wieder. Vgl. auch den Bericht der Vossischen Zeitung vom 19.1.1901.

 

60 Ebenda. Gustav Heinrich Gans Edler Herr zu Putlitz, 1821 zur Retzien/Prignitz geboren, hatte nach einem Studium der Rechte eine Anstellung bei der Magdeburger Regierung inne gehabt, lebte dann auf seinem Gut Retzien, in Berlin oder befand sich auf Reisen, bis er 1863 die Intendantur des Schweriner Hoftheaters übernahm. Seinen Ruf als Dichter begründete er mit der Märchensammlung „Was sich der Wald erzählt", Berlin 1850, in 44. Auflage 1885. Viele Dichtungen folgten, Lustspiele, Trauerspiele, Novellen und Romane, die ihm außerordentliche Berühmtheit einbrachten. „Das Testament des Großen Kurfürsten" erschien 1885. 1867-68 lebte von Putlitz als Hofmarschall des preußischen Kronprinzen in Berlin. Brockhaus' Conversations-Lexikon, Leipzig 1886.

61 Alle Zitate: „Vossische Zeitung" vom 19.1.1901. Der Verfasser, mit den Initialen „L.P.", stellte seinem Bericht eine ausführliche Schilderung der Dekoration des Opernhauses zu diesem Anlaß und der Garderobe der wichtigsten Gäste voran.

62 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 13., 17. und 18.1.1901. Paul Bailleu war u.a. bekannt geworden durch seine biographischen Arbeiten über Königin Luise.

63 Alle Zitate: „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 17.1.1901.

64 „Deutscher Reichs- und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger" vom 18.1.1901.

65 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 18.1.1901. Der Duden schreibt zum Begriff „Kommers": urspr. Bezg. f. jede Art von geräuschvoller Veranstaltung (Stud.spr.): Aus bes. Anlaß abgehaltene feierl. Kneipe und verweist auf den Begriff Kneipe, wo es unter 2. heißt: (veraltend) a) (in e. stud. Verbindung) Abend mit Trinken und Singen. Duden. Deutsches Universalwörterbuch, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1989.

66 Alle Zitate: „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 18.1.1901.

67 LAB A Rep. 000-02-01, Nr. 1619 (wie Anm. 2): Einladungsschreiben vom 10.1.1901. Vgl. zur Biographie Scharwenkas: Christoph Rueger, Berliner Initiativen - Xaver Scharwenka, in: Der Bär von Berlin 34, 1985, S. 99-115 und ders., „Ohne erhebliche Stürme ..." Xaver Scharwenka, in: Der Bär von Berlin 36, 1987, S. 227-242.

68 Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin, Chronik der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin. 1. Okt. 1900 bis 1. Okt 1901, Berlin 1901, S. 49.

69 Großheim betrieb von 1872 bis zu seinem Tod 1911 mit Heinrich Joseph Kayser eine Baufirma, aus der viele Wohn- und Geschäftshäuser in Berlin hervorgingen. Großheim wurde 1887 Mitglied der Akademie des Bauwesens und 1910 Präsident der Akademie der Künste. Vgl.: Uwe Kieling, Berlin. Baumeister und Bauten. Von der Gotik bis zum Historismus, Leipzig 1987, S. 234.

 

70 „Berliner Tageblatt" vom 17.1.1901.

71 Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin, PrAdK, Nr. I/277, Versand- und Dankschreiben u.a. der Kunsthalle Bremen, Technischen Hochschule Darmstadt und Braunschweig, Bibliothek Dresden und Braunschweig und Akademie der Künste in Dresden.

72 Berlin, die Stadt der Hohenzollern. Rede bei der Feier des zweihundertjährigen Jubiläums des Königreichs Preußen und des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers und Königs am 18. Januar 1901 gehalten in der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin von dem zeitigen Rektor Fritz Wolff, Berlin 1901. Ein Exemplar befindet sich in der Bibliothek des Vereins für die Geschichte Berlins gegr. 1865, Signatur: IV, 32/30.

73 Deutscher Reichs- und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger vom 18.1.1901.

74 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 18.1.1901.

75 GSTA PK, I. HA Rep. 90a, Preußisches Staatsministerium, Nr. 1975: Sitzungsprotokoll
vom 8.12.1900. „Vorwärts" vom 18.1.1901.

76 „Vorwärts" vom 20.1.1901.

77 Hans Rall, Wilhelm II. Eine Biographie, Graz/Wien/Köln 1995, S. 207.

 

Gerhild H. M. Komander 2001

 

Der Text erschien zuerst im Jahrbuch des Landesarchivs Berlin.

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