Europa ist eine Frau.
Warum weiß das denn niemand?
Zur Verleihung des Prix Europa in Berlin vom 18. bis 25. Oktober 2014
Wieder einmal wird der Prix Europa verliehen. "Er ist der wichtigste europäische Medienpreis", heißt es auf der Website des RBB. Im Haus des Rundfunks in der Masurenallee, im Berliner Stadtteil Charlottenburg werde der Stier vom 18. bis 25. Oktober 2014 an den Hörnern gepackt.
Seit 1987, als der Preis begründet wurde, hat niemand bemerkt, daß die Preisfigur das falsche Symbol ist. Denn nicht der Stier ist Europa, sondern eine Frau, Eurṓpē, die phönizische Königstochter, die Weitsichtige oder die Dunkle (aus dem dunklen Land, dem Abendland) - je nach Deutung ihres Namens.
Stattdessen wird Zeus geehrt, beziehungsweise die Filmemacher werden mit einer Spielart des Zeus geehrt. Als Stier näherte er sich der Königstochter, um sie zu verführen, entführte er sie listig nach Kreta.
Griechische Vasenmaler haben sie dargestellt und KünstlerInnen der Moderne und Gegenwart.
Pierre Mignard nahm Madame de Montespan zum Modell für die Entführte, so daß der prächtige Liebhaber als König Ludwig XIV. erschien. In München, auf dem Lenbachplatz, steht die Brunnenfigur Europa mit dem Stier, in Köln ziert sie als Mosaik das Rathaus. Sie thront am Albert-Memorial im Londoner Hyde-Park ...
Keinem Mitglied der Trägerschaft, die sich aus der Stadt Berlin, dem Rundfunk Berlin Brandenburg, der Kommission der Europäischen Union (EU), dem Europarat, der Europäischen Kulturstiftung und dem Sender ARTE zusamensetzt, fiel dieses Mißverständnis bisher auf?
Kaum zu glauben.
Es ist wohl kalkuliert, wäre heute schlecht vorstellbar - oder doch?
Schließlich heißt ja auch unsere europäische Währung nicht "die Mark" oder "die Lira", sondern "der Euro", kaum zufällig.
Gerhild H. M. Komander