Eine Frau, die keinen Krieg führt, ist nicht geschichtswürdig?

Der Duden Geschichte aus der Nähe betrachtet


Ich möchte etwas lernen. Ich leihe den Duden Geschichte aus: Duden. Geschichte. Basiswissen Schule, herausgegeben von Professor Dr. Hans-Joachim Gutjahr, Berlin und Mannheim 2003, Redaktionsschluß 20. Mai 2003. Der Titel verspricht mir das Buch mit allen wichtigen Unterrichtsinhalten - kurz und knapp, die CD-Rom mit ausführlichen Themen mit multimedialen Elementen, das Internet zur Aktualisierung und Erweiterung des Wissens.

Ich möchte erfahren, was die SchülerInnen in der Schule über Geschichte zu hören und lesen bekommen. Meine eigene Schulzeit liegt mehr als dreißig Jahre zurück. Ich suche nach der Stammtafel der Staufer-Dynastie, dem Roten Kreuz, der Frauenbewegung. Ich suche vergeblich. In der Stammtafel erscheinen die Frauen lediglich als Heiratsware. Das Rote Kreuz gibt es nicht, die Frauenbewegung auch nicht. Weill und Brecht tauchen auf, aber Weigel nicht. Das verblüfft mich und ich untersuche nun das Buch gezielt.


Von elf AutorInnen sind drei Frauen, alle werden unter "Autoren" präsentiert. Die Gender-Diskussion, das Gender Mainstreaming ist bei der Duden-Redaktion nicht angekommen. Deshalb ist stets von "der Mensch" die Rede, nie heißt es "die Menschen".

Große Mühe gibt sich das Team, Weltgeschichte zu schreiben, nicht bloß deutsche und europäische Geschichte. Schließlich wollen wir nicht imperialistisch sein, auch nicht eurozentrisch. Aber die Redaktion verharrt in einer maskulinen Sicht, ganz und gar.

Unter 463 (hoffentlich habe ich mich nicht verzählt) Personenstichworten im Register zähle ich 16 Frauennamen. Nehme ich die Venus von willendorf hinzu, komme ich auf 17. Also, von 463 Personennamen sind 17 weiblich. Kann das jemand ausrechnen? Ach, wozu? Der Anteil der Frauen an der Weltgeschichte ist so gering, daß ich die wenigen Namen ja ohnehin kenne.

Die geschichtswürdigen Frauen sind:

    Katharina von Bora
    Elisabeth I.
    Liselotte Hermann
    Isabella I.
    Katharina II.
    Kleopatra
    Käthe Kollwitz
    Rosa Luxemburg
    Maria Theresia
    Mathilde von Tuszien
    Katharina Medici
    Nofretete
    Louise Schroeder
    Anna Seghers
    Bertha von Suttner
    Venus von Willendorf
    Viktoria

Mit welcher Berechtigung wird unseren Kindern diese beschränkte Weltsicht vermittelt? Nicht nur, daß viele wichtige Namen fehlen, wie der von Hedwig Dohm und Ada Byron, es mangelt insgesamt an einer zeitgemäßen Sicht auf die Geschichte.

Eine Frau, die keinen Krieg führt, ist nicht geschichtswürdig. Die Behandlung und vielfach Mißhandlung der Frauen in der Geschichte wird nicht thematisiert. Ausschließlich maskuline Themen prägen die Geschichte - laut Duden. Wer hat hier die Zeit verschlafen?

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