Friedrich II. König von Preußen

Friedrich der Große - der „Alte Fritz“

 

Markgraf von Brandenburg Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches

24. Januar 1712 Berlin - 17. August 1786 Schloß Sanssouci

1734 Heirat mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel (8.11.1715 - 13.1.1797)

 

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Der aufgeklärte Monarch

Zwischen Friedrich II. und seinem Vater bestanden seit frühester Kindheit große Gegensätze: Der Kronprinz liebte die philosophische Freigeisterei, die modernen französischen Schriftsteller, das Flötenspiel.
Er verabscheute die Uniform, die seinem Vater alles bedeutete, und bezeichnete sie als „seinen Sterbekittel.“

Nachdem die Auseinandersetzungen zwischen Vater und Sohn in der Hinrichtung seines Jugendgefährten Hans Hermann von Katte 1730 ihren Höhepunkt gefunden hatte, kam es 1734 zur Aussöhnung.

Friedrich willigte in die Bedingungen seines Vaters ein, durfte die Festung Küstrin verlassen und heiratete Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel (8.11.1715 - 13.1.1797). Sie war die Nichte des Kaisers und der Kaiserin Elisabeth Christine, nach der sie ihre Taufnamen erhalten hatte. Friedrich Wilhelm I. kam mit dieser Verbindung einem Wunsch des kaiserlichen Hofes in Wien nach. Der Kronprinz durfte nach Rheinsberg übersiedeln, das ihm als Residenz geschenkt wurde. Dort konnte er in Gesellschaft ausgesuchter Freunde ganz seinen musikalischen und literarischen Neigungen nachgehen. Es war nach seinem eigenem Bekenntnis die glücklichste Zeit seines Lebens.

 

Charakteristiken Friedrichs II. gerieten und geraten fast immer zu ideologischen Urteilen über eine Person und deren Zeit, wobei Person und Haltung des Urteilenden sowie die Umstände dessen eigener Zeit mehr Beachtung finden als die der vergangenen Epoche. „Held“, „Deutscher Patriot“, „Despot“, nahezu alle denkbaren Titel wurden auf Friedrich II. angewandt, von Zeitgenossen und von späteren Kritikern.

Die gespaltene Persönlichkeit des Königs, der radikale Bruch zwischen den Rheinsberger Tagen und den königlichen Taten verhalf diesen Urteilen zur Entstehung. Rudolf Augstein schrieb in seiner Biographie:
„Zwischen Luther und Bismarck ist er der einzige deutsche Machtmensch, dem eine das Volk von Mitteleuropa prägende Wirksamkeit zugeschrieben werden kann, wenn wir denn einig sind, diese drei nicht als Erzieher, sondern als Persönlichkeitsstempel einer zähdefinierbaren Volksbeschaffenheit zu werten.“

Auf den König beziehen sich der preußische Patriotismus der kommenden Jahrzehnte und zum überwiegenden Teil auch die Berliner Aufklärung. -
„Friedrich verachtete alle positiven Religionen mit einer souveränen Skepsis, die vom Atheismus nur noch durch eine schmale Grenze getrennt war, stellte die Werke der Kunst und Philosophie hoch über alle Taten des praktischen Lebens und war ein unerreichter Meister aller höheren Lebensgenüsse, dabei nichts weniger als 'gesund' im Sinne des Normalmenschen, vielmehr eine außerordentlich reizbare, komplizierte, widerspruchsvolle Natur von sehr labilem inneren Gleichgewicht.“

In ihm stritten „hemmungslose Aufrichtigkeit“ und der „Ehrgeiz“, seine Gegner an Doppelzüngigkeit zu übertreffen, „in allen Dingen jedoch, die ihm wirklich ernst und wichtig waren, war er von der unbestechlichsten Wahrheitsliebe und unbarmherzigsten Selbstkritik geleitet.“ Den Widerspruch zwischen Handlung und Worten kannte Friedrich II. selbst.

 

In einem Gedicht aus dem Jahre 1742, das der Selbstironie und einer gewissen, ihm eigenen Koketterie nicht entbehrt, beschrieb er selbst seine Entwicklung vom Rheinsberger Prinzen zum Fürsten und Kriegsherrn:

    „Als ich geboren ward, ward ich der Kunst geboren,
    Die heiligen neun Schwestern reichten mir die Brust,
    Und für des Herrschers Hochmut schien dies Herz verloren,
    Das voller Mitleid war und kindlich unbewußt ...

    Da riß das Schicksal mich aufs große Welttheater,
    In der Tragödie 'Krieg' ward mir der Heldenpart;

    Mein Ruhm brach auf wie Lava aus umwölkten Krater
    Und riß mich sonnenwärts in unerhörter Fahrt ...

    Doch bald erkannte ich des Ruhmes wahres Wesen:
    Ein Leviathan schwamm er in dem Meere Blut,
    Zerfetzte Leiber sah ich rings um ihn verwesen,
    Die seinem grausen Dienst geschlachtet als Tribut ...

    Schreibt denn auch Ablaßbriefe für dies Streiten,
    Der für die Ewigkeit aufzeichnet, Klios Stift ?! ...

    Nein, glücklich ist nur der, der sich als Los erkoren
    Ein stillverborgnes Glück und stillzufriednen Sinn;
    Man kannte mich doch nicht, eh' ich zur Welt geboren,
    Was tut's, ob man mich kennt, wenn ich gestorben bin ?“


Die Schlesischen Kriege

Friedrich Wilhelm I. hatte seinem Nachfolger eine inhaltschwere testamentarische Instruktion hinterlassen:
„Der Kurfürst Friedrich Wilhelm hat das rechte Flor und Aufnehmen in unser Haus gebracht, mein Vater hat die königliche Würde erworben, ich habe das Land und die Armee in Stand gesetzt; an Euch, mein lieber Sukzessor, ist, was Eure Vorfahren angefangen, zu behaupten und die Praetentionen und Länder herbeizuschaffen, die unserem Hause von Gott und Rechts wegen gehören.“
Daran hat sich König Friedrich II. gehalten. Deshalb hat er drei Schlesische Kriege führen müssen, so Hans-Joachim Schoeps.

Friedrich folgte seinem Vater am 31. Mai 1740 auf den preußischen Thron. Am 28. Oktober des Jahres erklärte er seinem Außenminister Podewils die Absicht, Schlesien zu erobern. Schlesien gehörte mit den Ländern der böhmischen Krone zum Habsburgerreich, dessen Landesherr Kaiser Karl VI., am 20. Oktober 1740 starb. Er hinterließ keinen Nachfolger für den Kaiserthron, „nur“ eine Tochter, Maria Theresia, die nie zur Herrscherin erzogen worden war.

 

In der sogenannten „Pragmatischen Sanktion“ hatte sich ihr Vater von den europäischen Staaten die Sicherung der österreichischen Erblande für seine Tochter garantieren lassen - auch von König Friedrich Wilhelm I. Doch das Papier erwies sich als wertlos. Alle europäischen Mächte lauerten auf das Erbe Maria Theresias. Der französische Minister Fleury sagte: „Es gibt keine Habsburger mehr.“ Der Gedanke, dass die junge Erzherzogin ihnen Widerstand entgegensetzen könnte, war den europäischen Mächte so fremd, dass sie ihn nicht einmal in Erwägung zogen.

 

Friedrichs II. Einmarsch in Schlesien war das Signal für Europa, sich auf die Beute Österreich zu stürzen. Friedrich erstrebte, das „Zwitterwesen“ des brandenburgisch-preußischen Staates durch die Eroberung Schlesiens zu einem einheitlicheren und mächtigeren Staat zu erheben. Er betrachtete den Schlesischen Krieg als eine regionale Auseinandersetzung, da er die sich überkreuzenden Interessen aller europäischen Regenten, die nach dem Tode Karls VI. zutage traten, nicht einbezogen hatte. Durch diese wurde der erste Schlesische Krieg jedoch zu einer „Teilunternehmung innerhalb einer langsam ausbrechenden Weltkrise“.

Die Siege von Mollwitz (10. April 1741) und Czaslaw (17. Mai 1742) weckten ersten patriotischen Eifer in Brandenburg-Preußen und verhalfen Friedrich II. zu großem Ansehen in Europa, das wiederum dazu beitrug, die Enttäuschung, die er seinen Anhängern aus der Kronprinzenzeit durch diesen Krieg bereitet hatte, zu mildern. Obwohl beide Erfolge keine großen strategischen Vorteile brachten, ließen sie die europäischen Querelen um die Neubesetzung des deutschen Kaiserthrones bald in den Hintergrund treten.

Nun erkannte Friedrich II. die Unterschiede, die seine Interessen von denen seine sächsischen und französischen Verbündeten trennten. Der unter Vermittlung Großbritanniens am 28. Juli 1742 geschlossene Frieden zu Berlin brachte ganz Schlesien mit der Grafschaft Glatz, ohne Jägerndorf, unter brandenburgisch-preußische Herrschaft.

Daß der Friedensschluss den Kampf um Schlesien nicht beilegen konnte, war allen Beteiligten klar. Die stolze Haltung Maria Theresias, der nicht nur der Erhalt ihres Herzogtumes von Bedeutung schien, sondern auch der Erwerb der deutschen Kaiserkrone für ihren Gemahl Franz Stephan, degradierte den Frieden zu einem bloßen Waffenstillstand. Der Kriegseintritt Englands und die Bildung der „pragmatischen Armee“ ließ Friedrich II. erneut Rückhalt bei Frankreich suchen. Der gemeinsame Feldzugsplan, der die Eroberung Böhmens für den geschwächten Karl VII. zum Ziel hatte, scheiterte.

Karl von Lothringen vertrieb Friedrich II. mit solcher Macht, dass der böhmische Feldzug des preußischen Heeres einer Katastrophe glich. Der Tod des Kaisers zerstörte das Hauptziel, den Erhalt eines bayrischen Kaisertums. Doch die Lehren, die Friedrich II. aus dem gescheiterten Böhmenfeldzug von 1744 zog, befähigten ihn zu erneuten, spektakulären Siegen, die erst richtig seinen Feldherrenruhm begründeten.

Die Siege in der Schlacht von Hohenfriedberg am 4. Juni 1745 und der Schlacht von Soor am 30. September 1745, in der die österreichische Truppe der preußischen mit annähernd doppelter Stärke überlegen war, sowie der Sieg Leopolds von Anhalt-Dessau bei Kesselsdorf über die Sachsen am 15. Dezember 1745 ebneten den Weg zu erneutem Frieden, der am 25.12. des Jahres von Österreich und Preußen zu Dresden unterzeichnet wurde.

 

Im Oktober erfolgte die Krönung Franz Stephans zum deutschen Kaiser und brachte Maria Theresia zumindest einen Teilerfolg, mit dem sie sich allerdings nicht zufrieden geben wollte. Zunächst jedoch hatte sie in weiteren Kämpfen den Österreichischen Erbfolgekrieg zu Ende zu führen. Der folgende Verlauf der Auseinandersetzungen, aus denen Brandenburg-Preußen ausgeschieden war, drängte die Schlesische Frage an den Rand eines gesamteuropäischen Krieges, der Friedrich II. 1748 im Frieden von Aachen den Besitz Schlesiens garantierte.

Der König selbst wertete den Frieden als gering. Ironisch schrieb er in der „Geschichte meiner Zeit“:
„Seit die Kriegskunst in Europa sich vervollkommnet hat und die Poltik ein gewisses Gleichgewicht unter den Mächten zu schaffen versteht, haben die größten Unternehmungen nur selten den erwarteten Erfolg. (...) Die
Erschöpfung der Finanzen führte endlich den Frieden herbei, der das Werk der Menschenliebe und nicht der Notwendigkeit sein sollte. Kurz, wenn Ansehen und Ruhm der Heere so großer Anstrengungen und Opfer wert sind, so hat Preußen das erreicht und ist für den Zweiten Schlesischen Krieg belohnt worden. Aber das war auch alles, und selbst dieser ideelle Gewinn erweckte noch Neid.“

Das Brandenburg-Preußen als vorerst kleinste Großmacht seit dem Dresdner Frieden eine selbständige Position unter den europäischen Mächten einnahm, ist die einhellige Meinung der Historiker. Während die Eroberung Schlesiens als historisches Moment des Durchbruchs Preußens zur Großmachtbildung mit Zustimmung und Sympathie verfolgt wurde, erfuhr sie als ein die öffentliche Moral verletztenden Gewaltakt heftigste Ablehnung.


Friedrich II. und die Aufklärung

Die Hoffnungen seiner persönlichen Umgebung in Rheinsberg und des literarisch-philosophischen Mitteleuropa enttäuschend, setzte Friedrich II. in vielen Hinsichten das Werk seines Vaters fort. Dessen durchgreifende Rationalisierung des Staatsbetriebes und die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft von Beamtentum und Untertanenschaft ermöglichten Friedrich II. politisch den direkten Anschluss an das Werk Friedrich Wilhelms I.

Kulturell liegen die Regierungszeiten dieser beiden Fürsten weit auseinander, wenn auch die großartigen Pläne des jungen Königs durch die eigenen Kriegsunternehmungen bald zur Seite gedrängt wurden. Während dem Vater die eigentlich intellektuelle Welt der Aufklärung verschlossen blieb, setzte sich der Sohn zeitlebens mit dieser auseinander.

Die drei Kriterien, die einen Herrscher zu einem aufgeklärten Fürsten machen, treffen auf Friedrich II. zu: Die „Entzauberung der Monarchie von Gottes Gnaden“, die „Teilnahme am aufgeklärten Diskurs“ und die „Aufnahme und Durchsetzung aufgeklärter Reformimpulse“.

Der König selbst war es, der das Bild, das sich seine Umwelt von ihm machte, prägte, nicht zuletzt durch Sätze wie die folgenden: „Die Könige sind Menschen wie die anderen. In einer Welt, wo nichts Vollkommenheit hat, genießen sie keineswegs des ausschließlichen Vorrechts, vollkommen zu sein.“
Damit stellte sich Friedrich II. als Mensch und als Herrscher auf eine mit der anderer Fürsten Europas nicht vergleichbare Ebene.


Das friderizianische Rokoko

Seit der Mitte der dreißiger Jahre begann in Brandenburg-Preußen eine ganz neue künstlerische Entwicklung, das „friderizianische Rokoko“. Friedrich II. als Kronprinz war dessen Urheber. So blieb die neue Kunst zunächst auf seine Wohnungen beschränkt. Der mit dem Kronprinzen befreundete Georg Wenceslaus von Knobelsdorff, Kavalierarchitekt, Entwerfer von Ornamenten und Maler (als solcher ein Schüler Antoine Pesnes), war die Persönlichkeit, dessen Intentionen mit denen Friedrichs harmonierten.

 

An Friedrichs Hof in Rheinsberg herrschte die kunstfreundlichste Athmosphäre, in der französische, in geringerem Maße auch italienische und niederländische Anregungen mit den eigenen schöpferischen Impulsen und brandenburgisch-preußischen Traditionen zu einem unverwechselbaren Ausdruck gediehen. Andernorts wirkte sich der Aufschwung der Künste erst aus, nachdem Friedrich die Regierung übernommen hatte.

Er besaß ganz eigene Vorstellungen von den Aufgaben der Kunst und von ihren ästhetischen Normen. Ein Vorbild war ihm die französische Kunst der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, ein anderes die klassische Baukunst der Antike. Als König griff er sehr stark in die Gestaltung aller Bauwerke und deren Ausstattung ein. Für die großen Bauprojekte, zumeist Schlösser, aber auch das Berliner Opernhaus, Kirchen und andere Gebäude arbeitete eine eng mit dem König verbundene Schar von Künstlern zusammen.

 

Neben Knobelsdorff gehörten dazu in der Frühzeit der Bildhauer Johann August Nahl und der Maler Antoine Pesne. Nahl wurde dann von den Brüdern Hoppenhaupt abgelöst. Während alle Bauten aus der Regierungszeit Friedrichs II. in architektonisch schlichten Formen auftreten, sprühen die Innenräume in lebhaften Farben und reichem, filigranem Dekor, das größten Wert auf einen ganz eigenen Naturalismus legt.

Friedrich II. liebte den Ort und das Schloss Charlottenburg seiner Großmutter Sophie Charlotte, die er sehr verehrte. Der Neue Flügel, den er nach dem Entwurf Knobelsdorffs errichten ließ, vollendete das Schlossbauprojekt Friedrichs I., indem er als östlicher Flügel des Hauptbaus der Orangerie im Westen entsprach.

 

Herzstück des neuen Baus, der 1740 begonnen wurde und bis 1747 vollständig ausgestattet wurde, war die Goldene Galerie, der Festsaal. Nach Osten schloss sich die erste Wohnung des Königs an, nach Westen hin eine zweite Wohnung. Das Untergeschoss war für die Königin bestimmt.

Noch bevor in Charlottenburg der Neue Flügel vollendet war, wandte sich Friedrichs Interesse nach Potsdam. Das Weinbergschloss Sanssouci wurde hier 1745-47 durch Knobelsdorff nach Skizzen Friedrichs II. als eine Abwandlung der maison de plaisance erbaut. Es folgte 1755-63 die Bildergalerie von Johann Gottfried Büring, der älteste selbständige Museumsbau Deutschlands, nach dem Vorbild der Bildergalerie im Schloß zu Berlin und dem Palazzo Colonna in Rom erbaut.

1744-52 ließ Friedrich II. das Stadtschloss Potsdam ausbauen. Die Seitenflügel wurden um ein Stockwerk erhöht, der Dachfirst mit vergoldeten Lambrequins und der Hauptbau mit Schmuckschornsteinen versehen, den Fassaden eine kolossale Gliederung vorgeblendet. Außerdem entstanden die Kolonnaden als Begrenzung zum Lustgarten. Im Marmorsaal setzte der König die Reihe von Gemälden zur Verherrlichung Friedrich Wilhelms des Großen Kurfürsten fort.

Charles Amédée van Loo bemalte die Decke mit der Allegorie „Die Erhebung des Großen Kurfürsten in den Olymp“. Johann Melchior Kambly schuf einzigartige Bronzedekorationen im Bronzesaal, Johann August Nahl die silberne Alkovenschranke mit den unvergleichlichen Putti im Schlaf- und Arbeitszimmer des Königs, Johann Heinrich Hülßmann das Zedernholzkabinett. Das Stadtschloß in Potsdam wurde im Zweiten Weltkrieg schwerst beschädigt und seine Überreste gesprengt.


Der Siebenjährige Krieg

Die Jahre zwischen dem Ende des Zweiten Schlesischen Krieges und dem Ausbrch des Siebenjährigen Krieg waren für Europa keineswegs Friedensjahre gewesen. Bis 1748 kämpftem mehrere Staaten weiter gegen Maria Theresia. Dann begannen zähe Verhandlungen und diplomatische Intrigen.

Friedrich II. hörte Gerüchte über den Versuch einer Revision des Dresdner Friedens, die sich als wahr herausstellten. Vorbeugend marschierte er am 29. August 1756 in Sachsen ein. In einem schnellen Krieg gedachte er, Schlesien endgültig zu behaupten. Trotz erfolgreicher Schlachten - bei Lobositz und Prag - schlug der böhmische Feldzug fehl. Einer der fähigsten Militärs, Feldmarschall Schwerin, fiel vor Prag (6.5.1757). Feldmarschall Keith, Freund und Vertrauter des Königs, starb dei Hochkirch (14.10.1758). Ebenso der Bruder Friedrichs II. und Thronfolger, Prinz August Wilhelm.

 

Der Siebenjährige Krieg wurde ein zermürbender Kampf, in dessen Verlauf die Existenz des Staates mehrfach auf dem Spiel stand. Die Loyalität des einheimischen Adels im Offizierskorps als ein Gegengewicht zu Versorgungsmängeln und Desertionen und das persönliche Charisma des Königs wirkten als integrative Macht. Neben großen Siegen (Roßbach, Leuthen, Zorndorf) standen schwere Niederlagen. Die „Katastrophe von Kunersdorf“ hinterließ dem König eine völlig zertrümmerte Armee. Nur die allgemeine Kriegsmüdigkeit rettete Friedrich II. und seinen Staat vor einer vollkommenen Niederlage. Großbritannien schied aus den Kämpfen aus. Der Tod der Zarin 1762 rettete Friedrich: Ihr Nachfolger, Zar Peter, schloss sofort Frieden und ein Bündnis mit dem von ihm bewunderten König.

Der Frieden von Paris (10.2.1763) zwischen England, Frankreich und Spanien und der Frieden von Hubertusburg zwischen Österreich, Preußen und Sachsen beendeten den Krieg, aus dem Friedrich II. als ein anderer hervorging:
Ein alter, gebrochener und kranker Mann kehrte nach Berlin zurück, verbat sich jeden triumphalen Empfang. Die Herausforderung der etablierten Mächte durch Friedrich II., das „Mirakel des Hauses Brandenburg“ und die siegreichen Schlachten überstrahlten fortan alle weiteren Charaktereigenschaften und Taten dieses preußischen Königs.

Rudolf Augstein schreibt:
„Ohne Hohenfriedberg, ohne Soor, ohne Leuthen, ohne die Eroberung und Behauptung Schlesiens wäre Friedrich nicht Friedrich, sondern irgendein bemerkenswerter Monarch des 18. Jahrhunderts“ geblieben. „Nicht sein geistreicher Zynismus, nicht seine ambitionierte Schriftstellerei, nicht seine Justizreform haben ihn >zum ersten Mann des Jahrhunderts< gemacht, wie Treitschke ihn in läßlicher Übertreibung genannt hat (...), sondern seine Schlachten um Schlesien, davon zwölf mehr oder weniger Siege und drei ausgemachte Niederlagen. Daneben vier Siege und vier Niederlagen, für die seine Generale die Verantwortung trugen.“


Spätes Rokoko und Klassizismus

Während der nunmehr älteste Bruder des Königs, Prinz Heinrich, in Rheinsberg, das er seit 1752 mit eigenem Hofhalt bewohnen durfte, Veränderungen nach den neuesten modischen Anforderungen vornehmen ließ, blieb Friedrich II. dem einmal geprägten Stil weitgehend treu. Prinz Heinrich nahm in Rheinsberg vieles an Kunstentwicklung vorweg, was der Kronprinz, der spätere König Friedrich Wilhelm II., erst im Marmorpalais im Neuen Garten von Potsdam verwirklichen konnte.

In Rheinsberg arbeiteten Carl Gotthard Langhans, Architekt, und Bartolomeo Verona, Theater- und Dekorationsmaler, für den Prinzen. Sie nahmen Anregungen des aus England einfließenden Klassizismus auf, die bis heute das Bild von Schloß Rheinsberg im Inneren prägen. Wie wenig der gebildete, weitsichtige und beliebte Heinrich mit seinem großen Bruder konkurrieren konnte, zeigt sich bis heute: Kaum ein Besucher kommt nach Rheinsberg, um das Schloß Heinrichs zu sehen, sondern um den Ort der Kronprinzenzeit Friedrichs II. aufzusuchen.

 

Mit dem Chinesischen Haus in Sanssouci nahm Friedrich die Motive der Chinamode auf, aber sehr frei und spielerisch. Kunstgegenstände aus Ostasien gab es hier nicht. Büring errichtete es 1754-56. Erst nach 1763 wurde es eingerichtet, denn während des Krieges ruhte die Arbeit. Die wenigen Künstler, die die Kriegszeit überstanden hatten - sie alle blieben ohne Aufträge und Bezahlung des Königs-, wurden hier noch einmal tätig.

Umso erstaunlicher war der Plan Friedrichs II., am Ende des Gartens von Sanssouci ein neues Palais zu errichten. Der Hauptentwurf stammte wiederum von Büring, ab 1765 stand die Bauleitung unter Carl Philipp Gontard. Eine grandiose komplizierte Dreiflügelanlage mit hofseitig gegenübergestellten Communs wurde nach englischem Architekturvorbild und niederländischen Fassaden gestaltet Die Ausstattung der königlichen Wohnung im Neuen Palais folgte späten Formen des Rokoko. Herausragend für das Kunsthandwerk in Brandenburg-Preußen war die Arbeit des Bildhauers und Kunsttischlers Johann Melchior Kambly, der in einer wirklich einzigartigen Weise Goldbronze und Schildpatt für die persönlichen Möbel Friedrichs verarbeitete.


Friedrich II. und der Alte Fritz

Ewald von Kleist (1715-1759), ein Großonkel Heinrichs von Kleist, stand ab 1740 in preußischen Diensten. Als Dichter war er ein Freund Lessings, Gleims, Nicolais und Ramlers, wurde gar zum Vorbild für Lessings Major Tellheim in „Minna von Barnhelm“. Seine vaterländischen Gedichte rühmten den Feldherrn Friedrich und das preußische Vaterland.

    Ode an die preußische Armee
    Ewald von Kleist

    Unüberwundnes Heer! mit dem Tod und Verderben
    In Legionen Feinde dringt,
    Um das der frohe Sieg die goldnen Flügel schwingt,
    O Heer, bereit zum Siegen und zum Sterben!

    Sieh! Feinde, deren Last die Hügel fast versinken,
    den Erdkreis beben macht,
    Ziehn gegen Dich und drohn mit Qual und ewger Nacht;
    Das Wasser fehlt, wo ihre Rosse trinken.

    ..

    Verdopple Deinen Mut, o Heer! Der Feinde Fluten
    Hemmt Friedrich und Dein starker Arm!
    Und die Gerechtigkeit verjagt den tollen Schwarm:
    Sie blitzt durch Dich auf ihn, und seine Rücken bluten.

    Die Luft wird Deinem Ruhm zur späten Nachwelt wehen:
    Die klugen Enkel ehren Dich,
    Ziehn Dich den Römern vor, dem Cäsar Friederich,
    Und Böhmens Felsen sind die ewige Trophäen!

 

Der Siebenjährige Krieg erhob Friedrich II. zum „Helden“ seines Volkes und des Deutschen Reiches, zum Mittelpunkt des preußischen Patriotismus und der Verehrung der Berliner Aufklärer. Die Schlachten von Lobositz, Prag, Kolin, Roßbach, Leuthen, Zorndorf, Hochkirch, Kunersdorf, Liegnitz und Torgau wurden Gegenstand der Literatur und der bildenden Kunst. Die Graphik nutzte sie in Verbindung mit dem aufkommenden Patriotismus und der Berliner Aufklärung zu ihrer großen Blütezeit. Dabei wurde das Bild des philosophierenden und dichtenden aufgeklärten Kronprinzen, das Europa verwirrt und fasziniert hatte, welches in den ersten beiden Schlesischen Kriegen schwer Schaden genommen hatte, langsam verdrängt von einem neuen:

Das Bild vom „Alten Fritz“ entstand. In dieser Periode der friederizianischen Regierungszeit begann die Entwicklung des Landesvaters, Feldherrn und aufgeklärten Helden zum „bürgerlichen“ König aus der Sicht aufklärerischer Künstler wie Christian Bernhard Rode und Daniel Nikolaus Chodowiecki - und Literaten.

Dazu entstand von der Seite des Königs eine doppelte Tragik:
Friedrich II. lehnte sowohl die deutsche Literatur als auch eine wie auch immer geartete Verherrlichung seiner Kriege und seiner Person ab. Die begeisterten Bemühungen Kleists und anderer patriotischer Dichter seiner Zeit, wie etwa Johann Wilhelm Gleim, ignorierte Friedrich II., wie er überhaupt von der zeitgenössischen deutschsprachigen Dichtung im Vergleich zur französischen oder der antiken Literatur nichts hielt. Das änderte sich bis zu seinem Tode nicht.


Preußischer Patriotismus und Berliner Aufklärung

Friedrich II. hatte mit der Veröffentlichung seiner „Mémoires“ 1751 den Anstoß zu einer brandenburgischen Geschichtsschreibung gegeben. Die Kupferstiche von Georg Friedrich Schmidt, die das Werk illustrieren, wirkten vorbildlich für die weitere historiographische Produktion in Brandenburg-Preußen. Der Siebenjährige Krieg hatte den Patriotismus in Brandenburg geweckt, in dessen Mittelpunkt - gegen seinen Willen - Friedrich II. gestellt wurde. Der König wurde fast nur noch als „Friedrich der Große“ betitelt. Berlin und Potsdam waren die Zentren dieser patriotischen Heldenverehrung, in der neben dem König durchaus auch andere Persönlichkeiten aufrtraten. So die gefallenen Offiziere der friederizianischen Armee und die überlebenden Helden der Kriege.

Gleichzeitig, etwa ab 1750, entwickelte sich die Berliner Aufklärung, die mit den namen von Friedrich Nicolai, dem Schriftsteller und Verleger, Moses Mendelssohn und Christian Wolff verbunden ist. Sie proklamierten die Vernunft jedes Einzelnen als Teil einer kritischen Öffentlichkeit. Aufklärung bedeutet hier nicht die Sache einiger weniger, sondern die allgemeine Aufforderung zum Selbst-Denken. Die sittliche Vervollkommnung des Einzelnen stand im Vordergrund, verbunden damit war die Autonomie der Persönlichkeit. Aus der Verpflichtung des einzelnen Menschen zu dieser Haltung leitete Christian Wolff die Grundrechte des Menschen ab und die Verpflichtung des Staates, diese Grundrechte des Menschen zu garantieren. Die ethische Legitimation der staatlichen Gewalt und zugleich die Forderung nach Toleranz sah man in der Regierung des großen Friedrich verwirklicht.

Nur so war es zu erklären, daß sich ein Künstler wie Christian Bernhard Rode so intensiv mit diesem König und seinen Taten auseinandersetzte. Die dreißig großformatigen Blätter „Les Actions Glorieuses de Frederic le Grand“ berichten aus der Zeit von 1740 bis 1763, beschränken sich allerdings auf die politischen und militärischen Ereignisse. Bernhard Rode, der vom König nur wenige Aufträge als Maler erhielt (Grottensaal im Neuen Palais), war ein Künstler der Aufklärung Berliner Prägung. Fest überzeugt vom erzieherischen Auftrag der Künste illustrierte er Geschichtsbücher für Kinder, malte auf eigene Kosten Gedenkbilder für die gefallenen Offiziere des Königs und schenkte diese Bilder der Garnisonkirche zu Berlin.

Einer der populärsten Generäle des Siebenjährigen Krieges war Feldmarschall Curt Christoph Graf von Schwerin. Er fiel in der Schlacht bei Prag 1757. Friedrich II. schrieb über seinen Tod:
Schwerin, „der trotz seines hohen Alters noch das ganze Feuer seiner Jugend bewahrt hatte, sah mit Empörung, dass die Preußen zurückgeworfen waren, stellte sich an die Spitze seines Regiments, ergriff die Fahne und führte noch einmal zum Angriff (...) und der Marschall fiel, sein ruhmreiches Leben mit einem Tode abschließend, der seinen Namen in neuem Glanz erstrahlen ließ.“

Rode, der sich ausdrücklich auf die „Histoire de la Guerre de sept ans“ Friedrichs bezog, setzte Schwerin ein Denkmal - wie auch Kleist, Keith und Winterfeldt. Er überhöhte ihren Tod zum „Tod für das Vaterland“. Sie repräsentierten den Willen einer Nation, der zu dienen, indem sie ihr Ansehen und Wohlergehen erhöhten, ihre Aufgabe war. Bernhard Rode setzte mit seinen graphischen und den den verlorenen genalten Denkmälern diese Aufgabe fort. Auch er verstand sich in seiner Rolle als Erzieher als Diener des Staates.

Auch Johann Wilhelm Gleim beteiligte sich an der patriotischen Ehrung Schwerins. 1758 erschienen in Berlin - natürlich bei Nicolai - die „Preußischen Kriegslieder in den Feldzügen 1756-57“.

Eine der populärsten Darstellungen Friedrichs II. stammt von Daniel Nikolaus Chodowiecki, dem wiederum popoulärsten Künstler aus der Regierungszeit Friedrichs II. und einem der meist reproduzierten Künstler Berlins: Friedrich II. bei der Parade, Chodowiecki, 1777. Chodowieckis Darstellungen, die hauptsächlich als Miniaturen für Kalender angefertigt wurden, trugen wesentlich dazu bei, aus dem König von Gottes Gnaden den „Alten Fritz“ erstehen zu lassen. In diesen Kalenderblättern wurde, gepaart mit Anekdoten aus der Feder Nicolais und Johann Friedrich Ungers, das Bild des Menschen Friedrich geprägt. Der König dahinter, der Mensch erst recht, hatte sich tatsächlich sehr weit von seinem Volk entfernt. Friedrich II. war ein Mythos geworden, bevor er starb.

Besondere, tief empfundene Trauer gab es bei seinem Tod kaum. Am ehesten wohl im Schloß Schönhausen, wo des Königs Witwe, Elisabeth Christine, ihn aufrichtig betrauerte und bis an ihr Lebensende - 1797 - Trauerkleidung trug. Aber Friedrich II. blieb trotz seines persönlichen Rückzugs eine Quelle der Kraft, aus der die Nation noch in den Kämpfen gegen Napoleon ihre Energie schöpfte.

 

Gerhild H. M. Komander

 

Literatur:

Gerhild H. M. Komander: Der Wandel des „Sehepuncktes“. Die Geschichte Brandenburg-Preußens in der Graphik von 1648-1810, Münster und Hamburg 1995.

Voltaire - Friedrich der Große. Briefwechsel, hg. von Hans Pleschinski, München 1994.

Friedrich Benninghoven, Helmut Börsch-Supan und Iselin Gundermann: Friedrich der Grosse, Ausstellung des Geheimen Staatsarchivs PK, Berlin 1986.

Friedrich der Große. Gespräche mit Henri de Catt, hg. von Willy Schüßler, München 1981.

Helmut Börsch-Supan: Die Kunst in Brandenburg-Preußen, Berlin 1980.

Rudolf Augstein: Preußens Friedrich und die Deutschen, Frankfurt a. M. 1968.

Hans-Joachim Schoeps: Preußen. Geschichte eines Staates, Frankfurt a. M., Berlin und Wien 1966.

 

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