Der Kardinal. Albrecht von Brandenburg, hrsg. von Andreas Tacke


Der Kardinal. Albrecht von Brandenburg. Renaissancefürst und Mäzen*

Die Künstler, die sein Porträt, die Altargemälde seiner Stiftskirche zu Halle und sein Grabmal schufen – Albrecht Dürer, Lucas Cranach d. Ä. und Peter Vischer – genießen lange schon besonderen Ruhm. Der des Auftraggebers ging verloren und wird seit etwa zwei Jahrzehnten, in Maßen und mit nüchternem, kunsthistorischem Sinn, wieder aufgebaut.

Albrecht von Brandenburg kam am 28. Juli 1490 als letztes von sieben Kindern des Markgrafen von Brandenburg und Kurfürsten Johann Cicero und seiner Gemahlin Margaretha von Sachsen im Schloß zu Cölln an der Spree zur Welt. Als der Vater 1499 starb, übernahm der älteste Bruder Joachim im Alter von 15 Jahren die Regierung. Joachim I. nutzte früh – und erfolgreich – das Instrument der Hausmachtpolitik: Für den 23-jährigen Albrecht gewann er das Erzbistum Magdeburg und das Bistum Halberstadt. Gleich zweifach verstieß die Position Albrechts gegen das Kirchenrecht. Er war zu jung und hielt mehr als ein Bistum in den Händen.

Doch damit nicht befriedigt, erweiterte der junge Mann seine Macht „in bisher nicht gekannter und nie wieder gelungen(r) Weise“, schreibt Peter Claus Hartmann. Ein zweites Erzbistum war sein Ziel, genauer gesagt das größte und wichtigste des Heiligen Römischen Reiches: Mainz. Diese – nun unerhörte – Häufung kirchlicher Ämter erkaufte Kurfürst Joachim I. buchstäblich, allerdings mit geliehenem Geld. Ablaßgeschäfte sollten die verauslagten Gelder wieder hereinbringen. Sie erregten den großen Zorn des Wittenberger Mönches Martin Luther und lösten die Reformation aus. In diesem Zusammenhang war die Person des Kardinals Albrecht Gegenstand historischer Darstellung und Diskussion. Sein kulturelles Wirken gegen die Reformation und dennoch für die Moderne – die Renaissance – fand kaum Beachtung. Es ist nun Gegenstand der von Andreas Tacke konzipierten Ausstellung in Halle gewesen, zu der die vorliegende, zweibändige Publikation erschien.

Die alte Salzstadt Halle an der Saale ehrte Albrecht von Brandenburg im Zusammenhang mit dem Stadtjubiläum 1 200 Jahre Halle vom 9. September bis 26. November 2006 in der Moritzburg, der Neuen Residenz, im „Dom“, im Haus Zum Kühlen Brunnen und in der Marktkirche mit einer mehrteiligen Ausstellung, Konzerten, Führungen und Vorträgen. Das Stadtjubiläum bezieht sich auf die erste Erwähnung eines Kastells im Jahre 806, das König Karl „Halla“ nannte. Im Jahre 961 schenkte Kaiser Otto I. die Salzquellen im Saaletal dem Moritzkloster zu Magdeburg. Fünf Jahre später erhob der Kaiser Magdeburg zum Erzbistum, zu dem Halle bis 1680 gehören sollte. Dann fiel die Stadt an Brandenburg.

Stadtrechte erhielt Halle erst 1263, verlor sie aber 1484 wieder. Sichtbares Zeichen dieses Verlustes war die Errichtung der Moritzburg. Zwei Jahrzehnte nach dem Baubeginn der Moritzburg unter Ernst von Wettin zog Erzbischof Albrecht von Brandenburg in die Trutzburg seines Vorgängers ein - mit ihm kam die Renaissance in die Stadt. 1541 verließ Albrecht seine Lieblingsresidenz und nahm die Schätze, die er in seinem „Trutz-Rom“ angehäuft hatte, mit nach Mainz.

„Die Architektur- und Kunstwissenschaft haben sich wie die Profan- und Kirchengeschichte nur sehr zögerlich unseres Kirchenfürsten angenommen, dieser Zögerlichkeit unterlagen auch die kulturwissenschaftlichen Nachbardisziplinen“, schreibt Andreas Tacke im Vorwort des Essaybandes. Die Ausgangslage für die Ausstellung sei keineswegs komfortabel gewesen. Um so erstaunlicher und erfreulicher zeigt sich das Ergebnis. Waren die Gäste der Ausstellung, insbesondere im Dom und in der Moritzburg, schon überrascht über den einstigen kulturellen und materiellen Reichtum der kleinen, so abseits gelegenen Stadt Halle.

Der schwergewichtige Katalog bringt die Neugierigen erst recht zum Staunen. Die Autorinnen und Autoren beschreiben die Stücke des Halleschen Heiltums, die liturgischen Gebrauchs- und Kunstgegenstände, die Porträts des Kardinals, die Stiftsausstattung, die wenigen erhaltenen profanen Werke und die Skulpturensammlung, die im Auftrag Albrechts von Brandenburg entstanden. Die Fülle des Materials ist allen Verlusten zum Trotz überwältigend. Insbesondere die verbale und visuelle Rekonstruktion des Halleschen Heiltums, das einst 350 Reliquiare umfaßte, und der Stiftsausstattung, die allein 142 Tafelbilder aus der Cranach-Werkstatt für die Altäre enthielt, beeindrucken.

Im Essay-Band vertiefen die ausgewiesenen Spezialisten des Themas, die in Katalog und Ausstellung angesprochenen Zusammenhänge. Rolf Decot beschreibt den geistig-geistlichen Werdegang Albrechts vor der Herausforderung durch die Reformation. Christian Hecht setzt die Überlegungen anhand der Aschaffenburger Gregorsmessen in der Zeit der Auseinandersetzungen mit Luther und Zwingli in Bezug auf das Meßopfer fort. Ausführlich betrachten Matthias Müller und Elisabeth Schröter die architektonische Ausstattung der Stadt Halle unter Kardinal Albrecht und stellen die Bezüge zur italienischen Renaissance hinsichtlich konkreter Vorbilder her. Diesen Ausführungen schließt sich Andreas Tackes Aufsatz über die Altargemälde für die Stiftskirche an, wobei der Autor auf seine früheren Arbeiten zum „katholischen Cranach“ zurückgreifen kann.

In weiteren Aufsätzen werden die Bildhauerarbeiten einschließlich des Grabdenkmals, Werke des Buchdrucks und der Buchmalerei, der Textilkunst und Musik behandelt. Ausstellung und Buch legen mehr als einen Grundstein und geben – hoffentlich – auch der kunstgeschichtlichen Forschung in der Renaissancekunst Brandenburgs weitreichende Impulse. Daß das zweibändige Werk in vorzüglicher Ausstattung vor uns liegt, ist nicht selbstverständlich: Es erhielt großzügige finanzielle Unterstützung und erschien im renommierten Verlag Schnell + Steiner.

Gerhild H. M. Komander

 

*Aus: Mitteilungsblatt der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg, 108. Jg., Januar 2007, S. 20-21

Der Kardinal. Albrecht von Brandenburg. Renaissancefürst und Mäzen, Bd. 1: Katalog, hrsg. von Thomas Schauerte, 295 S. Bd. 2: Essays, hrsg. von Andreas Tacke, 391 S. Regensburg: Schnell + Steiner 2006.

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