knef quFür mich soll's rote Rosen regnen

Hildegard Knef (1925 – 2002) - Schauspielerin, Sängerin, Schriftstellerin

 

 

28. Dezember 1925 Ulm - 1. Februar 2002 Berlin

Sie ist noch nicht 14 Jahre alt, als vom deutschen Linienschiff Schleswig-Holstein auf die polnischen Befestigungen auf der Westerplatte „zurückgeschossen" wird: Am 1. September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg mit den Schüssen in der Danziger Bucht. Hildegard Knef geht noch zur Schule. Mitten im Krieg – 1942 – erhält sie die mittlere Reife und einen Ausbildungsvertrag im Trickfilmatelier der Ufa-Werbefilmabteilung. Das Atelier liegt am Dönhoffplatz (den es nicht mehr gibt).

 

„Mit 16 sagte ich still: ich will"

 

Bomben zerstören es, aber die junge Frau ist nicht böse. Sie ist längst entschlossen, der enttäuschend öden Fließband-Zeichnerei adé zu sagen. Schauspielerin will sie werden – und sie wird...

 

Rosen Knef 300Else Bongers, die Schauspiellehrerin, hilft ihr auf die Sprünge. Vier Jahre nach Kriegsbeginn beginnt Hildegard Knef ihre neue Ausbildung an der von Propagandaminister Joseph Goebbels begründeten Filmschule in Babelsberg – und macht sich durch ihren großen Ehrgeiz unbeliebt. Draußen tobt der „totale Krieg". Als er am 2. Mai 1945 mit der deutschen Kapitulation zu Ende geht, hat Hildegard Knef das erste Mal überlebt.

 

Sie spielt im Juni 1945 bei Victor de Kowa in der Charlottenburger Tribüne, dann bei Boleslaw Barlog im Schlossparktheater in Steglitz. Sie spielt sich nach oben. Mit dem Film „Die Mörder sind unter uns" erreicht sie ein Millionenpublikum. Der Film wird am 15. Oktober 1946 im Admirals-Palast uraufgeführt. Zum Skandal gerät 1951 der Film „Die Sünderin". Warum?

Nackt liegt die Prostituierte vor dem Maler – acht Sekunden lang für das Publikum zu sehen. Am Ende des Films begehen Maler und Modell gemeinsam Selbstmord, weil die Operation, bezahlt durch eine letzte Prostitution der Frau, sein Augenlicht nicht retten kann. In Flugblättern ruft man zum Boykott der Kinos auf, politische Debatten und Prügeleien entrüsteter Bürger provoziert der Film. Hildegard Knef, die Hauptdarstellerin, spaltete die Deutschen in GegnerInnen und BewunderInnen.

 

„will froh sein, nie lügen"

 

Rosen Knef 300 3In Hollywood scheitert sie. Ihre in deutschen Rollen bewunderte Natürlichkeit passt nicht in den amerikanischen Film und das amerikanische Frauenbild.

 

Dann holt Anatole Litvak sie vor die Kamera und dreht mit ihr „Entscheidung im Morgengrauen", wieder ein Film, der Schwierigkeiten macht, weil er den Zweiten Weltkrieg in einer Weise thematisiert, wie sie das beruhigte und nicht mehr hungrige Publikum vergessen will.

Die – in Hollywood - lang Verschmähte spielt mit Tyrone Power, Susan Hayward, Ava Gardner, dann – wieder in Deutschland – mit Erich von Stroheim, Karlheinz Böhm, Hardy Krüger.

 

„will groß sein, will siegen"

 

Hildegard Knef dreht in den USA, in Frankreich, Deutschland, unter der Regie von Henry Hathaway, Carol Reed, Rudolf Jugert, Wolfgang Staudte, Yves Allégret, Claude Chabrol. Hildegard Knef hat es geschafft. Sie ist ganz oben.

Rosen Knef 300 4Mitte der sechziger Jahre ist ihre Karriere als Schauspielerin beendet, obwohl weitere Filme folgen. 1962 beginnt Hildegard Knef von vorn, beruflich und privat: Sie heiratet in zweiter Ehe den britischen Schauspieler David Cameron und wird Sängerin.

 

Sie besingt das „Heimweh nach dem Kurfürstendamm", spricht Kurt Tucholsky. Die „Dreigroschenoper" führt zu dieser Wende. In Wolfgang Staudtes Kinoversion spielt sie die Seeräuberjenny und singt. Einen ersten Klassiker bringt sie mit dem Titel „Eins und eins, das macht zwei" heraus. Da stehen die Beatles mit „I wonna hold your hand" schon in der Tür.

 

„will alles oder nichts"

 

Rosen Knef 300 5Wenn es sein muss, finanziert die selbstbewusste Frau das Tonstudio selbst. Das Risiko wird belohnt. Ihre Fernsehshow in der ARD bringt sie am 19. November 1963 in alle deutschen (Fernseh-) Haushalte.

 

Im Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland bleibt „die Knef" Dauergast. Als der Plattenverkauf stagniert, greift sie selbst zur Feder. Ihre besten Lieder entstehen jetzt.

 

„Berlin, Dein Gesicht hat Sommersprossen
und Dein Mund ist viel zu groß.
Dein Silberblick ist unverdrossen
Doch nie sagst Du: Was mach' ich bloß?"

 

Der Text erscheint wie eine Selbstspiegelung, und Hildegard Knef ist im Texten so erfolgreich, dass sie – nicht wie andere eine Biographie – gleich drei autobiographische Bücher niederschreibt. „Der geschenkte Gaul", 1970, verwirrt Schülerinnen und Schüler, die im Unterricht plötzlich das Experiment Trivialliteratur verordnet bekommen. Das Buch verkauft sich gut, bis heute sind vier Millionen Exemplare verkauft worden.

 

Rosen Knef 300 2„für mich soll's rote Rosen regnen"

 

Ihre Brustkrebserkrankung im Jahre 1973 tränkt nicht Monate lang die Boulevard- und Tagespresse: Hildegard Knef schreibt selbst darüber. „Das Urteil" heißt ihr zweites Buch. Später folgt der Titel „So nicht."

 

Dann wird es ruhiger um die Frau, die für so viele widersprüchliche Schlagzeilen sorgt, aber immer nur eines im Sinn hat: „Für mich soll's rote Rosen regnen." In einer dritten Ehe - mit Paul von Schell - findet sie auch Ruhe. Am 1. Februar 2002 stirbt die Schauspielerin, Sängerin und Schriftstellerin in Berlin.

 

Gerhild H. M. Komander

Der Text erschien zuerst im "Berliner Lindenblatt", 2007

Die Modelle, meine Rosen, fand ich in Irland, Cornwall, Hannover und im Polnischen Café, Lilienthalstraße, Berlin.

 

Leseempfehlung:

Christian Schröder: Hildegard Knef. Mir sollten sämtliche Wunder begegnen, Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag 2005. 447 Seiten. Mit 48 Schwarzweißabbildungen

 

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