BrbgTor 150 quCarl Gotthard Langhans
Baumeister des Brandenburger Tores

Sein Stadttor am Pariser Platz ist weltberühmt. Das Brandenburger Tor mit der Quadriga von Johann Gottfried Schadow ist das Symbol der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten nach der friedlichen Revolution im Jahr 1989.

 

15. Dezember 1732 - 1. Oktober 1808

 

Wer unter den vielen Gästen, die Berlin jedes Jahr willkommen heißt, wer aus der Berliner Bevölkerung, ob alteingesessen oder zugezogen, wer bringt die Marienkirche zu Berlin und das Brandenburger Tor miteinander in eine wie auch immer geartete Verbindung?

Zwischen der Marienkirche und dem Brandenburger Tor erstreckt sich die historische Mitte Berlins, ziehen sich die Straße Unter den Linden und ihre Fortsetzung nach Norden, die Karl-Liebknecht-Straße hin. Diese stadtgeschichtliche Beziehung liegt auf der Hand, zumindest für diejenigen, die Gelegenheit haben, sich einen topographischen Überblick zu verschaffen. Der Name des Baumeisters Carl Gotthard Langhans fällt selten. Langhans entwarf sowohl den filigranen Turmaufsatz der Marienkirche als auch das einzige erhaltene Stadttor der deutschen Hauptstadt.

 

Schlesische Herkunft

Am 1. Oktober 2008 jährte sich der Todestag des Baumeisters Carl Gotthard Langhans zum 200. Mal, im vergangenen Jahr sein Geburtstag zum 275. Mal. Langhans kam am 15. Dezember 1732 in Landeshut/Kamienna Góra [ka'mjenna gura] in Schlesien (Riesengebirge / heute Wojwodschaft Jelena Góra) zur Welt und besuchte das Gymnasium in Schweidnitz/ Swidnica, weil der Vater 1737 an das dortige evangelische Gymnasium berufen worden war.

1753 begann er sein Studium der Jurisprudenz, Mathematik und Kunstgeschichte an der Universität Halle, nahm Zeichenunterricht und lernte Fremdsprachen. Als Baumeister war er also Autodidakt. Er verbrachte den großen Teil seines Lebens in Schlesien und auf zahlreichen Reisen quer durch Europa. Studienreisen führten ihn nach Süddeutschland und Italien, nach Frankreich, Großbritannien und in die Niederlande.

Seine erste Anstellung gibt keinen Hinweis auf die spätere erfolgreiche Arbeit: Carl Gotthard Langhans unterrichtete den jüngsten Sohn des Grafen Matuschka, Franz, zu dem sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelte. In dieser Freundschaft spiegelt sich, ebenso wie in dem späteren Arbeitsverhältnis zum Fürsten Hatzfeld, eine doch ungewöhnliche Offenheit der Zeit.

Sowohl die Matuschkas als auch die Hatzfelds gehörten dem Adel Schlesiens an, der mehrheitlich katholischer Konfession war und im österreichischen Lager stand. Langhans entstammte einer protestantischen Familie, die wie die meisten Protestanten auf der Seite Friedrichs II. stand. Architektonische Kenntnisse muss Langhans vollständig im Selbststudium erworben haben.

 

Autodidaktische Bildung

Für den Fürsten Adrian von Hatzfeld hatte Langhans Entwürfe zur Erweiterung des Schlosses Trachenberg gezeichnet. Die Anerkennung folgte auf dem Fuße: Er erhielt die Ernennung zum fürstlichen Bauinspektor. In dieser Funktion errichtete Langhans schließlich ab 1766 das Gebäude, das ihm weitreichenden Ruhm als Architekt sichern sollte, das Palais Hatzfeldt in Breslau, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

In seiner Position als Leiter des Bauwesens der Breslauer Kriegs- und Domänenkammer stand Carl Gotthard Langhans seit 1775 im Dienst des preußischen Staates. Hier wirkte er weniger als Architekt denn als Verwalter, der für Instandsetzungen und Schulungen zu sorgen hatte.

 

Königlicher Oberhofbaumeister in Berlin

Unter König Friedrich Wilhelm II. erhielt er 1788 die Berufung zum Direktor des neu geschaffenen Oberhofbauamtes und war damit für alle Immediatbauten zuständig: Er unterstand dem König, der ihm „immediat", also unmittelbar Bauaufträge erteilte. Die Söhne des friderizianischen Baumeisters Jan Boumann unterstützten ihn in Berlin, Andreas Ludwig Krüger beaufsichtigte die Ausführung der Potsdamer Bauten. Außerdem stand ihm sein langjähriger Mitarbeiter Carl Samuel Held zur Seite, der ihm aus Breslau in die preußische Hauptstadt folgte. Langhans übernahm den Umbau des Berliner Opernhauses, die Gestaltung des Marmorpalais als Nachfolger Carl von Gontards, der Parkbauten im Neuen Garten, den Bau des Palais Lichtenau und anderes mehr.

56 Jahre lang hatte Carl Gotthard Langhans in Schlesien gelebt und gearbeitet, Kirchen Adelspaläste, Schlösser und Theater errichtet, war zum obersten Baubeamten der preußischen Provinz Schlesien aufgestiegen, als er mit seiner Familie die Koffer packen musste, um dem Befehl des Königs zu gehorchen. Die Familie ließ sich am Gendarmenmarkt nieder, zuerst in der Mohrenstraße, wo noch heute die Langhansschen Kolonnaden stehen, dann Charlotten- Ecke Behrenstraße in einem eigenen Haus – mit Blick auf die Baustelle des königlichen Theaters, die Langhans selbst zu betreuen hatte. Gemeint ist das Theater auf dem Gendarmenmarkt, der Vorgängerbau des jetzigen.

In wenigen Jahren errichtete Carl Gotthard Langhans in Berlin so markante Gebäude wie das Brandenburger Tor, das Anatomische Theater der Königlichen Tierarzneischule (das plötzlich zootomisches Gebäude genannt wird) und den Turm der Marienkirche, Schlosstheater und Belvedere im Park Charlottenburg. In Potsdam verlangten das Marmorpalais, die zahlreichen Parkbauten im Neuen Garten und das Palais der Gräfin Lichtenau seine Aufmerksamkeit.
Von 1792 bis 1794 leitete Langhans den Bau der Chaussee von Berlin nach Potsdam. Zu dieser Strecke gehörte auch die Potsdamer Straße, die am Potsdamer Platz ihren Anfang nahm.

 

Ein berühmter Architekt ohne Ruhm

Populär ist der Name des Architekten dennoch nicht. Eine zeitgenössische Monographie fehlt. 1909 war Walther Th. Hinrichs Buch über den schlesischen Baumeister erschienen. Regulus Velin widmete Langhans 1983 ein Heft in der Reihe Berlin-Forum. In der Arbeit über die Bohlendachkonstruktionen von Eckart Rüsch (1997) spielten die Langhansschen Bauten selbstverständlich eine gewichtige Rolle.

Jerzy Krzysztof Kos begann in jüngster Zeit, das umfangreiche Werk, das Carl Gotthard Langhans in Schlesien hinterließ, zu erforschen. Friedhelm Grundmann, Sohn des Kunsthistorikers Günter Grundmann, legte im vergangenen Jahr seinen Reiseführer „Carl Gotthard Langhans (1732-1808). Lebensbild und Architekturführer" vor. Karl-Friedrich Hinkelmann beschreibt im Jahrbuch Märkisch-Oderland 2008 Langhans' Bauten und Einfluss im Oderland. Mit dem Gesamtwerk beschäftigte sich in 98 Jahren niemand. (Keine Veröffentlichungen)

Der Baumeister aus Schlesien, der in Breslau mit dem Palais Hatzfeldt eines der bemerkenswertesten (leider zerstörten) Adelshäuser des 18. Jahrhunderts hinterlassen und mit seinen protestantischen Kirchen und militärischen Bauten weite Landstriche Schlesiens und Brandenburgs künstlerisch geprägt hatte, geriet ins kunsthistorische Abseits. Seine schlesischen Bauten nahmen während des Zweiten Weltkriegs schweren Schaden. Der Baumeister wurde durch die Ereignisse des Kalten Krieges und weitgehendes Desinteresse an der brandenburgisch-preußischen Kunstgeschichte in Ost und West - außerhalb eines Kreises von Unermüdlichen - schlichtweg vergessen.

Zu seinem 275. Geburtstag am 15. Dezember 2007 erschien eine Briefmarke der Deutschen Post, zum 200. Todestag am 1. Oktober 2008 veranstaltete die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften eine Tagung. Dort nannte man ihn als einen der herausragenden Protagonisten der „Berliner Klassik". Im Haus Schlesien, Königswinter-Heisterbacherrott, ist bis zum 23. November die Ausstellung „Meister des Klassizismus - Carl Gotthard Langhans" zu sehen, die ein gutes Presseecho – etwa in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung - gefunden hat.

 

Ein heterogenes Werk

Betrachtet man die erhaltenen Bauten – den Turm der Marienkirche, das Brandenburger Tor, das Marmorpalais, das Belvedere Charlottenburg -, wird sofort augenfällig, wie heterogen das Werk Carl Gotthard Langhans' ist. Ein einziges Monument sticht hervor, das Brandenburger Tor, einen persönlich-charakteristischen Stil entwickelte Langhans nicht. Statt dessen durchzieht der zeitgenössische Stilpluralismus sein Werk.

Das ist ein Grund dafür, dass dieses Werk in seiner Gesamtheit keine Popularität besitzt. Ein anderer besteht in der einseitigen preußischen Kunstgeschichtsschreibung, die – in Analogie zur preußischen Geschichtsschreibung – Fakten und Personen „ausradierte", wenn es geboten schien, das Licht anderer dadurch um so heller scheinen lassen zu können.

Walther Theodor Hinrichs weist in seinem 1909 erschienenen Buch, der einzigen umfassenden kunsthistorischen Würdigung des Baumeisters, darauf hin, dass Langhans kaum gewürdigt worden sei.

„Der Ruhm seines großen Nachfolgers Schinkel verdunkelte seine baukünstlerischen Verdienste. Und trotzdem ist Schinkels Erbe ohne einen Langhans, ohne einen Gilly, kaum zu erklären. >>Die Geschichte der Baukunst in Deutschland>>, sagt Gurlitt, >>in der Zeit vor Schinkel ist leider noch ein ungeschriebenes Buch. Man hat so sehr sich in die Begeisterung für die Klassizisten hineingeredet, daß man, um ihr Verdienst ins rechte Licht zu stellen, den Hintergrund, vor dem sie stehen, so dunkel wie möglich färbte." [1]

Einen Eindruck von dem Ruf, den Langhans zu Lebzeiten genoss, gibt das Zitat Zimmermanns aus dem Jahre 1794:

„Er ist einer der neuesten, besten Architekten, ganz für den reinen, simplen, großen Stil der alten Bauart, er verbreitet Gefühl für Zierlichkeit und Verhältnis unter Bauleuten, Künstlern und Handwerkern.." [2]

 

Gerhild H. M. Komander

Der Artikel erschien zuerst im "Berliner Lindenblatt", 2008.

 

Anmerkungen:

[1] Hinrichs, S. 1; gemeint ist: Gurlitt, Die deutsche Kunst des XIX. Jahrhunderts, Berlin 1899
[2] Hinrichs, S. 2

Leseempfehlung:

Gerhild H. M. Komander: Carl Gotthard Langhans, www.gerhildkomander.de/, 2008

Jens-Oliver Kempf: Die Königliche Tierarzneischule in Berlin von Carl Gotthard Langhans. Eine baugeschichtliche Gebäudemonographie (= Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin), Berlin 2008

Friedhelm Grundmann: Carl Gotthard Langhans (1732-1808). Lebensbild und Architekturführer, Würzburg 2007

Eckart Rüsch: Baukonstruktion zwischen Innovation und Scheitern. Verona, Langhans, Gilly und die Bohlendächer um 1800, Petersberg: Michael Imhof Verlag, 1997

Regulus Velin: Der Baumeister des Brandenburger des Tores. Historiographisches über den Architekten Carl Gotthard Langhans (= Berliner Forum 5/83), Berlin 1983

Kurt Bauch: Das Brandenburger Tor, Berlin 1968

Walther Theodor Hinrichs: Carl Gotthard Langhans, ein schlesischer Baumeister, 1733 – 1808 (= Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 116. Heft), Straßburg 1909

http://www.hausschlesien.de/presse/html/langhans_iii.html

 

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