Das Franziskanerkloster zu Berlin
und die Kirchenruine in der Klosterstraße


{mosimage}Die Ordensgemeinschaft der Franziskaner wurde 1209 durch Franz von Assisi (Giovanni Bernadone, geboren 1181 oder 1182 in Assisi, gestorben 3. Oktober 1226 ebenda) begründet. 1212 schloss sich unter der Führung von Clara von Assisi eine Schwesterngemeinschaft an. Franz wurde 1228 heilig gesprochen.

Der Bettelorden, dessen Mitglieder nach dem Willen seines Gründers ausschließlich nach dem Evangelium leben und auf persönlichen und gemeinsamen Besitz verzichten sollten, verpflichtete sich zum Dienst an den Menschen: durch Arbeit und Predigt. So betätigten sich die Franziskaner in der Seelsorge in den Städten, an den Universitäten und in der Mission. Sehr schnell breitete sich der Orden über Europa aus.

{mosimage}Eine Niederlassung der Franziskaner in Berlin ist seit 1249, also bereits vierzig Jahre nach der Ordensgründung, nachweisbar. Das ist bemerkenswert für die Berliner Geschichte. 1252 tagte erstmals ein Provinzialkapitel der Franziskaner in Berlin. Der Standort der jetzigen Ruine der Klosterkirche in der Klosterstraße ist der erste Niederlassungsort des Ordens, der schon vor 1249 in der Stadt ansässig war, in Berlin.

Die erste Anlage wird vermutlich eine Feldsteinkirche gewesen sein, deren Reste sich im nördlichen Seitenschiff der Klosterkirchenruine erhalten haben könnten. Um 1250 bis 1265 wurde der frühgotische Backsteinbau errichtet, von dem die heutige Ruine zeugt. Um 1300 (1340/50) erhielt die Kirche das Chorpolygon.

{mosimage}Trotz der 1945 erlittenen schweren Beschädigungen ist die Ruine der Franziskanerklosterkirche das älteste in seiner ursprünglichen Gestalt erhaltene Gebäude Berlins. Sie entstand als dreischiffige kreuzgewölbte Basilika von vier Jochen mit zweijochigem Chorhals und einem polygonal gebrochenen Chorschluß.

Der schlichte Außenbau erhielt ein reich gegliedertes spitzbogiges Westportal. Im Innenbau teilen Spitzbogenarkaden auf Bündelpfeilern die drei Schiffe voneinander. Die konstruktiven und dekorativen Elemente verweisen auf Einflüsse der Brandenburger und Magdeburger Dombauhütte.

Im Norden der Kirche schlossen sich die Klostergebäude an und reichten bis an die Stadtmauer (heute Littenstraße) sowie an das Hohe Haus, dem Sitz der Markgrafen. Die Markgrafen Otto V. und Albrecht III. traten gemeinsam mit dem Ritter Jacob von Nybede 1271 als Stifter auf, wie an den Chorstühlen inschriftlich belegt worden war. Die enge Nachbarschaft zu den Landesherren führte dazu, daß die Kirche die erste fürstliche Grablege Berlins wurde. Unter anderen ließen sich hier die Kurfürstinnen Margarethe (1340) und Kunigunde (1357) sowie Kurfürst Ludwig der Römer bestatten.

{mosimage}Die Klosterbauten, die bis kurz vor der Reformation immer wieder erweitert und verschönert wurden (1471-74 Kapitelhaus von Meister Bernhard; 1516-18 Westflügel), umschlossen zwei innere, von Kreuzgängen umgebene Höfe und zur Straße hin einen Vorhof, auf dem später Gebäude des Gymnasiums zum Grauen Kloster entstanden. Mit der Kirchenordnung vom 15. August 1540 mußte die Ordensgemeinschaft ihr bisheriges Leben aufgeben. Die Mönche, die nicht auswandern wollten, durften die Klostergebäude weiterhin nutzen und den Betrieb ihrer Schule fortführen. Der wertvolle materielle Besitz wurde - wie andernorts - eingezogen. Der letzte Ordensbruder verstarb am 1. Januar 1571.

In demselben Jahr zog Leonhard Thurneysser in einen Teil der Klostergebäude und errichtete seine Laboratorien und Werkstätten. Am 13. Juli 1574 öffnete das Gymnasium zum Grauen Kloster seine Pforten, das auf Anregung und mit finanziellen Mitteln Berliner Bürger gegründet worden war. Weitreichende Umbauten und Umnutzungen der ehemaligen Klostergebäude sowie Neubauten auf den Klostergelände seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert zerstörten wertvolle Bausubstanz und veränderten den Anblick einschneidend.

{mosimage}Im Zuge einer intensiven Restaurierung 1926 bis 1937 konnten die Veränderungen an der Kirche weitgehend beseitigt werden. Im Zweiten Weltkrieg wurden Kloster und Kirche schwer beschädigt, die Klostergebäude, zuvor in ihrem Bestand gesichert, zugunsten der Verbreiterung der Grunerstraße 1968 abgerissen.

Reste der ehemals reichen Ausstattung der Klosterkirche bewahren andere Kirchen und das Märkische Museum. Im Märkischen Museum befindet sich das Grabmal des Konrad von Belitz, um 1308 entstanden.
Die Johanneskirche in Moabit bewahrt eine Triumphkreuzgruppe, die Dorfkirche Stolpe eine Kreuzigungsgruppe, beide aus der Zeit um 1500. In der Marienkirche findet man den Schnitzaltar mit der Mondsichelmadonna, nach 1500 vollendet.


{mosimage}Literatur:

Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Berlin, bearbeitet von Sibylle Badstübner-Gröger, Michael Bollé, Ralph Paschke u.a., Berlin und München: Deutscher Kunstverlag 2000.

Berlin und seine Bauten Teil VI, Sakralbauten, hg. vom Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin, Berlin 1997.

Gerhard Bronisch: Die Franziskaner-Klosterkirche in Berlin, in: MVGB 50, 1933, S. 89-180.

Julius Kurth: Die Altertümer der St. Nikolai-, St. Marien- und Klosterkirche zu Berlin, Berlin 1911, S. 115-142.

Richard Borrmann: Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin, Berlin 1893, S. 188-203.

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