Ribbeckhaus 150Cölln an der Spree, eine verschwundene Stadt

Brüderstraße, Scharrengasse, Petrigasse

Zur Ersterwähnung Cöllns in der Urkunde vom 28. Oktober 1237

 

Cölln, so hieß die eine der beiden Gründungsstädte Berlins. Cölln und Berlin sind seit ihrer Entstehung durch den Mühlendamm über die Spree hinweg miteinander verbunden.

Sie hat sich wie die Schwesterstadt seit dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts aus einer Kaufmannssiedlung entwickelt und um 1230 durch die askanischen Markgrafen Stadtrecht erhalten. Die Zerstörungen während des Zweiten Weltkriegs ermöglichten Ausgrabungen, die eindeutige Hinweise auf das Bestehen einer Siedlung vor der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert lieferten.

 

Bei den Ausgrabungen an der Petrikirche und am Mühlendamm legten die Archäologen sowohl Reste eines Friedhofes als auch Hausgrundrisse frei. Die dabei gefundenen Hölzer, mit denen die ersten Cöllner Wohnhäuser errichtet hatten, werden etwa auf das Jahr 1171 datiert.

Der Name Cölln verschwand aus der Berliner Geschichte, als König Friedrich I. in einem Erlaß von 1709 die Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt sowie die Stadterweiterung Neucölln am Wasser unter der Bezeichnung Haupt- und Residenzstadt Berlin zu einer Stadt zusammenfasste. Seitdem 1899 die zur Stadt erhobene Gemeinde Rixdorf ihren Namen in Neukölln änderte (seit 1920 Bezirk von Berlin), hat Berlin diese historische Ortsbezeichnung - in leicht veränderter Form- wieder zurückerhalten.

 

Cölln vom Rhein oder Cölln auf dem Sumpf?

Friedgracht ScharrenEine eindeutige etymologische Klärung des Ortsnamens konnte nicht gegeben werden. Möglich ist nach dem heutigen Stand der Forschung eine slawische Herkunft (> Kollne = Sumpf) ebenso wie eine deutsch-lateinische (> colonia = Ansiedlung, Neusiedlung). Der Zuzug vieler Rheinländer nach Berlin-Cölln lässt daran denken, daß der Name der Stadt Köln, eine der ältesten deutschen Städte, Pate stand.

Einen Hinweis auf Köln am Rhein gibt das Patrozinium der Cöllner Stadtpfarrkirche St. Petri. In Köln wurde der Heilige besonders verehrt, während Petruspatrozinien in der Mark Brandenburg selten sind. Dass die Diözese Brandenburg an der Havel denselben Schutzheiligen gewählt hatte, mag die Cöllner noch bestärkt haben.

 

Der Kurfürst trotzt den Bürgern ein Schloß ab

Der prominenteste Ort Cöllns dürfte bis in die Gegenwart das Berliner Schloß sein, obwohl es nicht mehr existiert, namentlich eher mit Berlin als Cölln verbunden zu sein scheint und jünger war als die Siedlung. Denn die Ersterwähnung Cöllns in der Urkunde vom 28. Oktober 1237 gab Anlaß für die 750-Jahr-Feier Berlins im Jahre 1987.
Den Bauplatz für das Schloß hatte Kurfürst Friedrich II. den Cöllner Bürgern abgerungen und damit den Berliner Unwillen provoziert. Es wurde zum Teil entlang der Cöllner Stadtmauer bis 1451 errichtet. Der Schloßplatz erinnert an diesen historischen Ort.

 

Wo lag Cölln?

Auf dem aktuellen Stadtplan sucht man es vergeblich.
Die Stadt Cölln umfasste das Gebiet der heutigen Spreeinsel ohne jenen Teil, den wir Museumsinsel nennen, also zwischen Fischerinsel und Schlossplatz. Das Stadtgebiet endete etwa am ehemaligen Staatsratsgebäude, dort schloss sich das Klostergelände des Dominikanerordens an, der seit 1279 nachweisbar in Cölln angesiedelt war. Das Zentrum der Stadt, der Cöllner Markt mit der Stadtpfarrkirche St. Petri und dem Rathaus, lag um den jetzigen Petriplatz und an der Scharrenstraße.

In dieser Gegend ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Was der Krieg nicht zerstörte, war vorher schon verschwunden oder wurde - wie die bis ins Mittelalter zurückreichende Bebauung der Fischerinsel nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Wenige historische Straßennamen wie Breite Straße, Gertraudenstraße, Mühlendamm, Scharrenstraße, Brüderstraße, Neumannsgasse geben Hinweise auf die ursprüngliche Struktur der Stadt.

 

Friedrich Nicolai, der berühmteste Bewohner Cöllns

Allein die Scharren- und die Brüderstraße - benannt nach den Marktscharren / Marktständen und den Dominikanerbrüdern - konnten sowohl ihren Verlauf als auch wenige Beispiele historischer Bausubstanz bewahren: Herausragend das Haus in der Brüderstraße Nr. 13. Kein geringerer als der Verleger, Schriftsteller und Aufklärer Friedrich Nicolai lebte und arbeitete hier. Die berühmte Nicolaische Buchhandlung lag am Ende der Brüderstraße, in der nicht mehr existierenden Straße An der Stechbahn.

Das Haus Brüderstraße Nr. 13 war 1674 auf den Grundmauern eines mittelalterlichen Gebäudes errichtet und 1787 durch Carl Friedrich Zelter für Nicolai umgebaut worden. Durch Nicolai war es Mittelpunkt des bürgerlichen geistigen Lebens in Berlin in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Die Sperlingsgasse heißt nach dem Roman „Chronik der Sperlingsgasse" von Wilhelm Raabe, erschienen 1854/55, der während der Niederschrift in Cölln wohnte und diesem Viertel mit seinem Werk ein literarisches Denkmal setzte.

 

Unterkunft für Pferde und Bücher

In der Breiten Straße erinnert das wieder aufgebaute Ribbeckhaus an frühere und glanzvolle Zeiten dieser Gegend in Berlin. Es ist das einzige erhaltene, wenn auch späte Beispiel (1624) von Renaissancearchitektur in Berlin, wenn man vom Jagdschloss Grunewald absieht, das mit seiner Umgebung erst seit 1920 zu Berlin gehört. Im Inneren ist es modern ausgestattet, wie Besucherinnen und Besucher des Zentrums für Berlinstudien und Zuhörerinnen und Zuhörer der Vorträge im Berlin-Saal feststellen können.

 

Gerhild H. M. Komander

 

Literatur:

Erika Schachinger: Alte Wohnhäuser in Berlin. Ein Rundgang durch die Innenstadt, Berlin: Hessling Verlag 1969.

Adolf Heilborn: Reise nach Berlin, Berlin 1925, Neuauflage 1966.

Hans Jahn: Berlin im Todesjahr des Großen Kurfürsten. Erläuterungen zum Perspektivplan von Johann Bernhard Schultz aus dem Jahre 1688 (= SVGB, Heft 55: Festschrift zum 70jährigen Bestehen des Vereins für die Geschichte Berlins), Berlin 1935, S. 23-29.

 

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