Zieten

Zieten aus dem Busch

Der General Friedrichs des Großen steht auf dem Wilhelmplatz

Von Gerhild H. M. Komander

„Platz da, und Zieten aus dem Busch!", lautet die erste Zeile des Gedichts „Die Attacke", das Detlev von Liliencron dem preußischen General Hans Joachim von Zieten als dichterisches Kompliment widmete.

{mosimage}Der „Ahnherr aller Husaren", dies Fossil preußischer und Berliner Geschichte, stieg nach ersten holprigen Jahren seiner militärischen Laufbahn unter König Friedrich II. zum General der Kavallerie auf. Am 14. Mai 1699 auf Schloß Wustrau in die bescheidenen Verhältnisse einer Familie des märkischen Landadels hineingeboren, ging er mit 16 Jahren zum Militär, schied wieder aus, weil er sich zurückgesetzt sah, wurde für Ehrenhändel inhaftiert, und blieb am Ende doch bei den Soldaten.

Unter Friedrich II. machte er sich ab 1741 um die Reorganisation der brandenburgisch-preußischen Reiterei verdient, die unter den Vorgängern des Königs eine geringe Rolle gespielt hatte. Bei Ausbruch des Siebenjährigen Krieges ernannte ihn Friedrich II. zum Generalleutnant. Bis zum Ende des Krieges blieb Zieten an der Seite des Königs und führte in dessen Abwesenheit den Oberbefehl.

Zieten prägt ein geflügeltes Wort

Außergewöhnliche militärische Erfolge in den Kriegen um Schlesien verhalfen Hans Joachim von Zieten zu ungewöhnlicher Popularität unter Soldaten und Zivilisten. Der Kampf in kleinen Einheiten, die plötzliche Überfälle ritten und dadurch den Gegner schwächten und zermürbten, führten zu dem Ausspruch „Zieten aus dem Busch", den auch Theodor Fontane in einem Gedicht zu Ehren des Generals verwandte. Er wurde zu einem geflügelten Wort für beherztes und schnelles Eingreifen.

Königin Elisabeth Christine schenkte einem Husarenschwadron als Lohn für dessen Tapferkeit Tigerfelle als Schabracken (Satteldecken). Der König zeichnete seinen General mit dem Orden Pour le Merite und dem einst von König Friedrich I. anläßlich der Königskrönung 1701 in Königsberg gestifteten Schwarzen Adlerorden aus.

Hans Joachim Zieten starb am 26. Januar 1786 in seiner Berliner Wohnung Kochstraße 61 Ecke Friedrichstraße. Eine Gedenktafel am Haus Kochstraße 62 erinnert an ihn. Sein Grab befindet sich an der Kirche zu Wustrau. Im Innern der Kirche steht sein Grabdenkmal.

„Laßt ihn schlafen, er hat lange genug für uns gewacht."

Ein Jahr zuvor hatte Daniel Chodowiecki das Erscheinen eines großformatigen Stiches mit dem Titel „Zieten sitzend vor seinem König den 25.ten Januar 1786" angekündigt und mußte schon wenige Tage nach dem Tod des Generals Interessenten des Blattes abweisen, „da der Subscribenten schon so viele sind."

Der Kupferstich zeigt Zieten und seinen König im Parole-Saal des Berliner Schlosses, umgeben von der Generalität. Der Husarengeneral sitzt als einziger auf einem Lehnstuhl, den Friedrich II. ihm herbeitschaffte, und blickt den König ungläubig ob dieser Ehre an, während Friedrich sich in kummervoller Besorgnis zu ihm herabbeugt, die Hand auf die Schulter Zietens gelegt.

Chodowiecki hatte Zieten einen Tag vor seinem Tod - am 26. Januar - zum letzten Mal sehen können und nahm ihm vier Tage später die Totenmaske ab. Danach entstand das Porträt des alten Soldaten, dem hier die ungewöhnliche Ehre zuteil geworden war, vor seinem König sitzen zu dürfen. Die als rührend und menschlich empfundene Szene zwischen Friedrich II. und Zieten war als Bild ungemein beliebt. In der volkstümlichen Tendenz des Blattes, die die ungekünstelte Herablassung des Königs zu seinem General zum Gegenstand der Darstellung wählt, gründete sich ihre Popularität. Dementsprechend gab es eine Reihe von Kopien, sogar von ausländischen Stechern.

Im Jahr 1800, zwölf Jahre nach dem Tod der beiden Protagonisten, veröffentlichte Daniel Chodowiecki ein weiteres Blatt mit Zieten und dem König als Thema: „Friederich und Ziethen", das gleichfalls guten Absatz fand. Der alte General, auch im hohen Alter ein gern gesehener Gast an der Tafel Friedrichs II., hat sich unbekümmert ob der königlichen Anwesenheit seiner Müdigkeit hingegeben. Die Bildunterschrift gibt die Worte Friedrichs II. wieder: „Laßt ihn schlafen, er hat lange genug für uns gewacht."

Diese Begebenheiten sind historisch verbürgt und illustrieren das herzliche Verhältnis zwischen König und General im hohen Alter. Gleichzeitig trugen sie - wie auch die Nähe zum König - weiter dazu bei, Hans Joachim von Zieten zu einer Art Volkshelden werden zu lassen. Der Witwe seines Generals kondolierte Friedrich II. eigenhändig und scheute sich nicht, die eigene Trauer über den Tod des Weggefährten auszudrücken.

Zieten in Marmor, als Torpedoboot und Rennpferd

1790 stiftete Prinz Heinrich, Bruder des Königs, das Zieten-Denkmal für Rheinsberg. 1794 ließ der Nachfolger Friedrichs II., König Friedrich Wilhelm II., auf dem Berliner Wilhelmplatz ein marmornes Standbild für Zieten errichten. Es wurde zwischen die Denkmäler des Generals der Kavallerie Friedrich Wilhelm von Seydlitz und des Generalfeld-marschalls Jacob Keith postiert, die Friedrich II. bei Jean Pierre Tassaert in Auftrag gegeben hatte. Johann Gottfried Schadow schuf das Zieten-Denkmal, das am 27. Februar 1794 an der Ostseite des Wilhelmplatzes aufgestellt wurde.

Es hätte eines öffentlichen Denkmals nicht gebraucht, um die Erinnerung an den Husarengeneral in militärischen wie zivilen Kreisen wach zu halten. Mühelos erinnerte sich auch die kaiserliche Marine an die Verdienste Zietens, als sie ein Spezialschiff - die S.M.S Zieten (1876-1921 in Dienst) - nach ihm benannte. Es wurde bis 1880 als Torpedofahrzeug zur Erprobung neuer Torpedos eingesetzt.

Selbstverständlich gibt es auch im ehemaligen Reichskriegshafen Kiel eine Zietenstraße - und nicht nur dort. Zahlreiche Zuchtpferde, insbesondere Rennpferde, wurden und werden nach dem preußischen General benannt. Der Tourismusverband Ruppiner Land hat eine Radwanderstrecke „Zieten-Route" benannt, eine Zieten-Apotheke befindet sich sowohl in Berlin (Großbeerenstraße) als auch in Neuruppin.

Zieten auf dem Wilhelmplatz

Nicht ganz so plötzlich „wie Zieten aus dem Busch", doch überraschend, wurde die Aufstellung des Zieten-Denkmals in der Mohrenstraße, wo einst Wilhelmplatz und Zietenplatz lagen, in Berlin-Mitte am 26. August 2003 in der Tagespresse bekannt gegeben. Es ist die Bronze-Ausführung von August Kiss, die 1855 auf Weisung Friedrich Wilhelms IV. das Marmorbildwerk ersetzte. Die Kosten für die Aufstellung - rund 100 000 Euro - wurden vom Lions Club Berlin-Grunewald, der Deutschen Klassenlotterie und etwa 500 privaten Spendern aufgebracht.

In diesem Sommer hat sich die Baustelle rund um das Denkmal zum Stadtplatz gemausert. Der Zietenplatz, auf den der General schaut, ist am 6. Juni 2007 in seiner historischen Gestalt eröffnet worden. Zieten im Rücken, an der Wilhelmstraße, steht nun auf Initiative der Schadow-Gesellschaft der Alte Dessauer, ein weiterer Weggefährte. Der Wilhelmplatz, der quer zur Straße gleichen Namens zwischen ihnen lag, kann nicht wieder hergestellt werden. Ihn verdecken bis auf den schmalen Streifen seit 1973 großenteils die Botschaft von Tschechien und Nordkorea sowie die gegenüberliegenden Wohnbauten.

Literaturhinweise:

Hans-Joachim von Berkholz: Die Familie von Zieten. Stammfolgen und biographische Nachrichten, Lüneburg an der Lahn 2007

Zur Wiederaufstellung des Standbildes „Husarengeneral Hans-Joachim von Zieten" von Johann Gottfried Schadow 1794 - 1854 - 2003, zusammengestellt von Klaus Gehrmann, herausgegeben von der Schadow-Gesellschaft, Berlin 2004

Friedrich Förster: Hans Joachim von Zieten. Eine kleine Biographie, Berlin/Karwe 1999

Gerd-H. Zuchold: Hans Joachim von Zieten. Überlegungen zur Baugeschichte des Landsitzes des berühmtesten Reitergenerals Friedrichs des Großen, in: MVGB 94, 1998, 1, S. 331-341

Gerhild H. M. Komander: Der Wandel des „Sehepuncktes". Die Geschichte Brandenburg-Preußens in der Graphik von 1648-1810, Münster/Hamburg 1995

Lothar Lambacher: Die Standbilder preußischer Feldherren im Bodemuseum. Ein Berliner Denkmalensemble des 18. Jahrhunderts und sein Schicksal, Berlin 1990 (Mit Abbildungen der Studien, zeitgenössischen Radierungen und Photographien der Standbilder)

Georg Winter: Hans Joachim von Zieten. Eine Biographie, Leipzig 1856

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| Nr. 12, August 2007 |

- © gerhild komander 8/07 -

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