Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin (Groß-Berlin-Gesetz) vom 27. April 1920 - Teil 3

 

§ 6. Das Schiedsgericht (§ 4) hat der neuen Stadtgemeinde Berlin in Anrechnung auf die endgültig zu zahlenden Entschädigungssummen und im Rahmen des in § 4 Ziffer 1 ausgesprochenen Grundsatzes Abschlagszahlungen an die Restverbände aufzugeben; es hat zu diesem Zwecke unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes zusammenzutreten und binnen drei Monaten zum erstenmal über die Höhe der Abschlagszahlungen zu beschließen.

§ 7. (1) Das Schiedsgericht (§ 4) besteht aus dem Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg und von Berlin als Vorsitzendem, aus zwei vom Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts zu bestellenden Mitgliedern dieses Gerichts oder deren Stellvertretern, aus den Verwaltungsgerichtsdirektoren der Bezirksausschüsse für den neuen Stadtkreis Berlin und zu Potsdam oder ihren Stellvertretern, sowie aus acht weiteren Mitgliedern, von denen vier von dem Magistrat der neuen Stadtgemeinde Berlin und je einer von den Kreisausschüssen der Kreise Teltow, Niederbarnim und Osthavelland und von dem Provinzialausschuß der Provinz Brandenburg gewählt werden. Für die gewählten Mitglieder werden in gleicher Weise Stellvertreter gewählt. Die Stellvertreter der Verwaltungsgerichtsdirektoren der Bezirksausschüsse werden aus der Zahl der ernannten und der stellvertretenden Mitglieder der Bezirksausschüsse vom Minister des Innern bestellt.

(2) Über das Verfahren vor dem Schiedsgericht und über die den ernannten und gewählten Mitgliedern zu gewährenden Vergütungen oder Entschädigungen beschließt das Staatsministerium. Bis zu dem Beschlusse des Staatsministeriums wird das Verfahren durch das Schiedsgericht selbst geregelt. Die gesamten Kosten des Verfahrens einschließlich der Vergütungen oder Entschädigungen werden durch das Schiedsgericht auf die Auseinandersetzungsparteien verteilt.

siehe hierzu auch
- die Verordnung über das Verfahren vor dem mit der Auseinandersetzung zwischen der neuen Stadtgemeinde Berlin und den Restverbänden der Landkreise Teltow, Niederbarnim und Osthavelland sowie der Provinz Brandenburg betrauten Schiedsgerichte vom 18. Juni 1920 (GS S. 348),
- die Verordnung über die Gewährung einer Entschädigung an die Mitglieder des Schiedsgerichts für die Auseinandersetzung der neuen Stadtgemeinde Berlin mit den Nachbarkommunalverbänden vom 30. September 1920 (GS. S. 438).

§ 8. Die Stadtverordnetenversammlung besteht aus 225 Mitgliedern. Gesetz

Durch Gesetz vom 1. Dezember 1936 (RGBl. I. S. 957) wurde der § 8 faktisch aufgehoben.

§ 9. (1) Für die Wahl der Stadtverordneten werden Wahlkreise gebildet. Die Wahlkreiseinteilung ergibt sich aus der Anlage 1. Auf die Wahlen der Stadtverordneten von Berlin finden die allgemein für die Wahlen der Stadtverordneten geltenden Vorschriften mit folgenden Maßgaben Anwendung:
1. (1) Neben den Wahlvorschlägen für die einzelnen Wahlkreise (Kreiswahlvorschläge) können Wahlvorschläge für die ganze Stadt (Stadtwahlvorschläge) eingereicht werden.
(2) Die Kreiswahlvorschläge müssen von mindestens hundert im Wahlkreis zur Ausübung der Wahl berechtigten Personen, die Stadtwahlvorschläge müssen von mindestens zweihundert in der Stadt Berlin wahlberechtigten unterzeichnet werden.
(3) Die Kreiswahlvorschläge müssen die Erklärung enthalten, welchem Stadtwahlvorschlag die bei Zuteilung der Stadtverordnetensitze nicht berücksichtigten Stimmen zugerechnet werden sollen (Ziffer 2 Abs. 1).
(4) Will der Wähler seine Stimme zugleich für den zugehörigen Stadtwahlvorschlag abgeben, so muß der Stimmzettel eine Erklärung hierüber enthalten. Fehlt eine solche Erklärung, so darf der Stimmzettel keinem Stadtwahlvorschlage zugerechnet werden.
(5) Eine Verbindung von Wahlvorschlägen ist nur bei den Stadtverordnetenvorschlägen zulässig.
2. (1) Zur Ermittlung des Wahlergebnisses ist zunächst die Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen durch 225 (§ 8) zu teilen und auf diese Weise der Wahlquotient festzustellen. Jedem Kreiswahlvorschlage werden soviele Stadtverordnetensitze zugeteilt, als sich die Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen durch den Wahlquotienten voll teilen läßt. Die übrigbleibenden Stimmen und die Stimmen eines Kreiswahlvorschlags, für den weniger Stimmen abgegeben sind, als der Wahlquotient beträgt, werden dem entsprechenden Stadtwahlvorschlag angerechnet, soweit eine Anrechnung gemäß Ziffer 1 Abs. 4 zulässig ist.
(2) Auf die Stadtwahlvorschläge werden diejenigen Stadtverordnetensitze, über welche durch die Verteilung auf die Kreiswahlvorschläge nicht verfügt ist, nach den allgemeinen, für die Stadtverordnetenwahlen geltenden Grundsätzen der Verhältniswahl aufgeteilt.

(3) Die Anzahl und die Grenzen der Wahlkreise können durch Gemeindebeschluß abgeändert werden.

gemäß der Verordnung über die erstmaligen Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung und zu den Bezirksversammlungen der neuen Stadtgemeinde Berlin vom 7. Mai 1920 wurde die erste Stadtverordnetenversammlung der neuen Stadtgemeinde Berlin (allgemein als Groß-Berlin bezeichnet) am 20. Juni 1920 gewählt.

Durch Verordnung vom 30. Juli 1921 (GS S. 445) wurde der § 9 gesetzesändernd berührt.

Durch Verordnung vom 26. August 1925 (GS S. 109) erhielt der § 9 folgende Fassung:
"§ 9. (1) Für die Wahl der Stadtverordneten werden Wahlkreise gebildet. Die Wahlkreiseinteilung ergibt sich aus der Anlage 1. Auf die Wahlen der Stadtverordneten von Berlin finden die allgemein für die Wahlen von Stadtverordneten geltenden Vorschriften mit folgenden Maßgaben Anwendung:
1. Neben den Wahlvorschlägen für die einzelnen Wahlkreise (Kreiswahlvorschläge) können Wahlvorschläge für die ganze Stadt (Stadtwahlvorschläge eingereicht werden.
Die Kreiswahlvorschläge müssen von wenigstens 20 im Wahlkreise, die Stadtwahlvorschläge von wenigstens 20 in der Stadtgemeinde Berlin zur Ausübung des Wahlrechts berechtigten Personen unterzeichnet sein.
Die Kreiswahlvorschläge müssen die Erklärung enthalten, welchem Stadtwahlvorschlage die bei Zuteilung der Stadtverordnetensitze nicht berücksichtigten Stimmen zugerechnet werden sollen (Ziff. 2 Abs. 1).
Die für einen Kreiswahlvorschlag abgegebenen Stimme gilt zugleich als für den zugehörigen Stadtwahlvorschlag abgegeben.
Eine Verbindung von Wahlvorschlägen ist nur bei den Stadtwahlvorschlägen zulässig.
2. Zur Ermittlung des Wahlergebnisses ist zunächst die Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen durch 225 (§ 8) zu teilen und auf diese WEise der Wahlquotient festzustellen. Jedem Kreiswahlvorschlage werden so viel Stadtverordnetensitze zugeteilt, als sich die Zahl der für ihn abgegebenen STimmen durch den Wahlquotienten voll teilen läßt. Die übrigbleibenden Stimmen und die Stimmen eines Kreiswahlvorschlags, für die weniger Stimmen abgegeben sind, als der Wahlquotient beträgt, werden dem entsprechenden Stadtwahlvorschlag angerechnet.
Auf die Stadtwahlvorschläge werden diejenigen Stadtverordnetensitze, über welche durch die Verteilung auf die Kreiswahlvorschläge nicht verfügt ist, nach den allgemein für die Stadtverordnetenwahlen geltenden Grundsätzen der Verhältniswahl aufgeteilt.
(2) Die Anzahl und die Grenzen der Wahlkreise können durch Gemeindebeschluß abgeändert werden."

§ 10. (1) Die Stadtverordneten werden auf vier Jahre gewählt.

(2) Die ausscheidenden Stadtverordneten bleiben bis zum Zusammentritt der neuen Stadtverordnetenversammlung in ihrem Amt.

Wahlen der Stadtverordneten erfolgten am 20. Juni 1920 (Wahl für ungültig erklärt), am 16. Oktober 1921, am 25. Oktober 1925 und Ende 1929 statt. Zu weiteren regulären Wahlen kam es nicht mehr, da durch das Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich vom 31. März 1933 (RGBl. I. S. 153), § 12ff. die Gemeindlichen Selbstverwaltungskörper, darunter auch die Berliner Stadtverordnetenversammlung aufgrund des Wahlergebnisses für die Reichstagswahl vom 5. März 1933, neu gebildet wurden und diese Neubildung auf vier Jahre gültig sein sollte.

 

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