Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst

Réfugié, Naturrecht und Künste. Der vierte Teil


Die Réfugiés

Am 8. November 1685 beantwortete Kurfürst Friedrich Wilhelm die religiöse Intoleranz Ludwigs XIV.  mit seinem Edikt von Potsdam. Es gewährte den in Frankreich seit der Aufhebung des Ediktes von Nantes am 18. Oktober desselben Jahres wieder verfolgten Hugenotten Aufnahme in Brandenburg.

 

Der Hugenotte Charles Ancillon würdigte in seinem 1690 erschienenen Buch „Die Geschichte der Niederlassung der Réfugiés in den Staaten seiner Kurfürstlichen Hoheit von Brandenburg“ die Ereignisse nach 1685:

„Die Widerrufung des Ediktes von Nantes, die aufsehenerregende Tat Louis' XIV., veranlaßte grausame Verfolgungen und Flucht aus dem Lande. Das Edikt des Kurfürsten schützte und entschädigte die Flüchtlinge. Wie Kälte und Hitze, Krankheit und Gesundheit, so werden diese beiden Edikte immer Gegensätze bleiben. (...)

Der Kurfürst hat auch durch sein Edikt die Reformierten aufgefordert, an seinen Gnadenbeweisen und Wohltaten teilzunehmen. Viele von ihnen konnten seinem Ruf nicht folgen, bei manchen, die gekommen sind, war die Not nicht so groß, so daß sie nicht auf die Unterstützungen angewiesen waren, andere haben Unterstützung und Förderung in weitestem Maße empfangen. Es gab auch einige, die sich hier nicht wohl fühlten und wieder auswanderten.

Alle aber sind gleichermaßen verpflichtet, dem Kurfürsten zu danken und ihn zu verehren. Der Name dieses Helden muß ewig in den Herzen aller Reformierten fortleben. Gott, der ihn mit der größten Frömmigkeit ausgezeichnet hat, der ihm die Kraft eines Cäsar, das Glück eines Alexander und die Güte eines Trajan verliehen hat, möge ihm eine lange und glückliche Regierungszeit geben.“

Handwerker und Kaufleute, Künstler, Gelehrte und Mediziner trafen in Berlin ein.
Nach Jahrzehnten eines zögernden Aufschwungs, erlangten die staatlichen Fabriken und das Handwerk durch Friedrich Wilhelms Peuplierungspolitik größere Bedeutung, die sich letztlich als von unschätzbarem Wert erwies.


Samuel von Pufendorf

Nicht nur Franzosen und Niederländer waren nach Brandenburg gekommen. Am Ende seiner Regierungszeit berief Friedrich Wilhelm den sächsischen Juristen und Historiker Samuel Pufendorf  (1632 Chemnitz - 1694 Berlin) als Hofhistoriographen nach Berlin.
Pufendorf, seit 1677 Hofhistoriograph und Staatssekretär in schwedischen Diensten, erlebte dort zunehmende Anfeindungen der lutherischen Orthodoxie.  In Anlehnung an das Vokabular Pufendorfs hielt Friedrich Wilhelm das „Gesetz der Natur“ für das „Band der menschlichen Gesellschaft“ und für einen Grundsatz von Toleranz und Humanität.

 

Pufendorf entwickelte das den aufgeklärten Absolutismus prägende System der Staatslehre und des Vernunftsrechts, verschmolz humanistische Ideale der Menschenwürde und Freiheit mit den neuen Lebensgesetzen des Staates: Staatsräson und Souveränität wurden eingebunden in eine Pflichtenlehre, die Recht und Moral scharf voneinander abgrenzte.

Hinzu trat ein durch das Naturrecht begründetes Völkerrecht, das aus der Würde des Menschen die natürliche Gleichheit aller Menschen erschloß. Die Lehre Pufendorfs behielt bis in das Zeitalter Kants einen beherrschenden Einfluß. Durch seinen Schüler Christian Thomasius wurde sie weiter entwickelt und erhielt Einflußmöglichkeiten auf den brandenburgisch-preußischen Staat.

 

Auch in der Biographie Friedrich Wilhelms und der seines Gegners Karl Gustav von Schweden wird die von der Aufklärung beeinflußte Grundhaltung Pufendorfs deutlich sichtbar. Distanziert beschreibt Pufendorf die Ereignisse, Kriege und stets sich neu formierenden Bündnisse, ohne den einen Fürsten in ein ungleich besseres Licht zu setzen als den anderen.

Mit Samuel Pufendorf erhielt die Aufklärung Eingang in Brandenburg-Preußen, gestützt und gefördert von Friedrich Wilhelm. Pufendorfs Biographie König Karl Gustavs erschien 1696 in Nürnberg, in deutscher Fassung 1697. Die Biographie „Friedrich Wilhelms des Großen Kurfürsten Leben und Taten“ bereits im Jahre 1696. Das Grab des Gelehrten befindet sich in der Berliner Nikolaikirche.


Herkules bändigt die Hydra der Zwietracht

In dem Gemälde „Verherrlichung des Großen Kurfürsten“, das Michael Willmann (1630-1706) 1682 schuf, thront Friedrich Wilhelm als Friedensfürst und Beschützer der Künste im Zentrum des Bildes, umgeben von den Personifikationen der Architektur, durch die Stadtmauerkrone gleichzeitig als Berolina zu identifizieren, der Malerei und der Plastik.

Neben dem Kurfürsten kniet Herkules und bändigt die Hydra der Zwietracht, hinter ihm steht Fortuna. Im Vordergrund Apollo, die Leier auf die bezwungene Gestalt der Barbarei stützend.
Minerva hält mit dem Fuße den Neid nieder, der an einem blutigen Herzen nagt, und weist ihn auf die davonfliegende Fama hin, die sich aufmacht, den unsterblichen Ruhm des brandenburgischen Fürsten in die Welt hinauszutragen.

Willmann versinnbildlicht das erschöpfte Ausruhen nach Not und Kampf mit Mächten, die im Dunkel trotz ihrer Niederlage noch drohend gegenwärtig sind. Der Gegensatz von dunklen Schatten zu Licht und Farbe des Bildes erscheint als Spiegel der noch nicht überwundenen Gefährdung des brandenburgischen Staates und seiner durch Kurfürst Friedrich Wilhelm stetig betriebenen Selbstbehauptung.

 

Unter Friedrich Wilhelm war der kurfürstliche Hof das Zentrum der Kurmark Brandenburg geworden. Die Funktion der Stadt Berlin-Cölln als Hauptstadt wurde fortan, solange die Hohenzollern regierten, nicht mehr angefochten. Die Einwohnerzahl hatte sich von 1648 bis zum Tode des Kurfürsten 1688 mehr als verdreifacht.

Die Geschichte der Kunst in der Mark Brandenburg blieb bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ausschließlich eine Geschichte der Beziehungen, welche die Hohenzollern zu den bildenden Künstlern unterhielten. Die kurfürstlich-königlichen Residenzen in Berlin und Potsdam gaben fortan Maßstab und Anregung für die kulturelle Entfaltung Brandenburg-Preußens.

 

Gerhild H. M. Komander

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