KaninchenDer Wedding: Dorf, Gutshof, Vorwerk

Besiedelt, verlassen, verödet und neu erfunden...

 

 

wedding1251Am 22. Mai 1251 bestätigten die askanischen Markgrafen Otto III. und Johann I. - Enkel Albrechts des Bären - den Verkauf einer

"Mühle im Gebiet des Dorfes, welches Weddinge hieß, am Fluss namens Pankowe erbaut".

Der Ritter Fridericus de Kare überließ seinen Besitz für 21 Pfund Silber den Benediktinernonnen in Spandau. Die markgräflichen Eigentümer verzichteten auf das Lehen und schenkten die Mühle dem Kloster, das 1239 als erste Niederlassung den Benediktinerinnen in der Mark Brandenburg gegründet worden war. Mit dieser Urkunde tritt der Wedding in die Geschichte ein. Das Dorf war zu diesem Zeitpunkt bereits wüst, der Wirtschaftshof des Grundherren aber offenbar noch intakt.

 

Hat Rudolphus de Weddinge das Dorf Wedding gegründet?

Begründer des Dorfes Wedding war nicht Fridericus, sondern vermutlich Rudolphus de Weddinge, Dienstmann der askanischen Markgrafen in Brandenburg. Er entstammte einer Familie, die bei Oschershausen im Erzbistum Magdeburg ansässig war. Rudolphus wird 1197 in Spandau mehrfach urkundlich erwähnt. Zu dieser Zeit wird er das Dorf Wedding angelegt haben, das wie andere Orte der Umgebung aufgrund der schlechten Bodenbeschaffenheit dem Wandel in der Landwirtschaft, dem Wechsel zur Dreifelderwirtschaft und dem Einsatz neuer Pflugtechnik nicht zu folgen vermochte und einging. Die markgräflichen Eigentümer verzichteten auf das Lehen und schenkten die Mühle dem Kloster, das 1239 als erste Niederlassung der Benediktinerinnen in der Mark Brandenburg gegründet worden war.


Die Herren de Kare und de Weddinge versahen gleichzeitig mit den Herren von Stegelitz ihren Dienst bei den brandenburgischen Markgrafen, die ihnen im Zuge der deutschen Ostsiedlung und der askanischen Landnahme Land im Berliner Raum zu Lehen gaben. Die Dörfer Karow, Wedding und Steglitz erhielten ihre Namen nach den herrschaftlichen Familiennamen. Vom Familienwappen derer von Weddinge stammt das neuzeitliche Wappen des Wedding. Es zeigt einen geflügelten Pfeil, der diagonal im roten Wappenschild sitzt.

 

Warum heißt der Wedding "DER Wedding"?

Innerhalb der Berliner Gemarkung nahm der Wedding bald eine besondere Stellung ein. Die "curia Wedding", der übrig gebliebene Wirtschaftshof, wurde im Jahr 1289 von Markgraf Otto V. den Bürgern von Berlin zu Lehen gegeben. Für vielfach erwiesene Dienste belohnte der Landesherr seine städtischen Untertanen mit dem "Lehensgut und den mit dem Hofe auf dem Weddinge verbundenen Lehnstitel auf ewige Zeit". Der Name des einstigen Dorfes blieb als Flurname erhalten. Fortan gehörte der Wedding zum Weichbild, d. h. zum Rechtsbezirk Berlins.


Aus dem hohen Mittelalter rührt demnach sowohl die Bindung zwischen Wedding und Berlin her als auch die Redewendung "auf dem Wedding". So ist die Urkunde von 1289 von großem Interesse für das spätere Verhältnis des Wedding zur Stadt Berlin, die sich ihrer Verantwortung für den Wedding in den folgenden Jahrhunderten immer wieder zu entledigen suchte. Als Standort des Hofes auf dem Wedding ist die Gegend um die heutige Weddingstraße anzunehmen.

 

Aus dem Gutshof wird Wald
Bis in das Jahr 1601 fließen die Nachrichten über den Wedding spärlich. Der Besitz der Benediktinerinnen wurde 1558 nach der Einführung der Reformation im Kurfürstentum Brandenburg säkularisiert und kam in kurfürstlichen Besitz. Die Stadt Berlin zeigte wenig Interesse an dem Gutshof. Wald überwuchs große Teile der ehemaligen Ackerflächen und erreichte die heutige Chausseestraße. Die Nutzung beschränkte sich seit der Schenkung des Markgrafen Otto V. auf Zeidelei (Bienenhaltung), Schweinemast und Waldweidung. Um den späteren Gesundbrunnen entstand ein Hasengarten als Jagdrevier. Die Gewässer dienten einer intensiven Fischzucht.


Die stetig wachsende Bevölkerung in Berlin und Cölln deckte ihren immer größer werdenden Brennstoffbedarf sorglos aus den umliegenden Wäldern. Durch den Flugsand infolge der Abholzungen auf den zumeist aus Sand bestehenden Böden verminderte die Qualität der verbliebenen Ackerbauflächen. Die Sandverwehungen belästigten bald die ländlichen Siedler und die Einwohner der Städte.


Von dem stärkeren Interesse der Landesherren am Berliner Umland und dem Aufschwung der Agrarwirtschaft in Brandenburg wie allgemein in Mitteleuropa profitierten auch die Ländereien des Wedding. Bürger und Adlige erwarben Grundstücke vor den Toren der Stadt und legten so genannte "Meiereien", Höfe mit Viehwirtschaft, an.

 

Der Wedding wird kurfürstlich
1601 erwarb der kurfürstliche Oberkammerherr und Geheime Kammerrat Hieronymus Graf Schlick große Flächen auf dem Gebiet des Wedding und richtete eine "böhmische Meierei" ein, worunter eine intensive Viehwirtschaft zu verstehen ist, die ein lohnendes Geschäft darstellte. Zwei Jahre später überließ Schlick sein Anwesen dem Kurfürsten Joachim Friedrich. Das nunmehr kurfürstliche Gut Wedding lag mit seinen Gebäuden zwischen Nettelbeckplatz, Pankstraße, Weddingstraße und Reinickendorfer Straße. Die letzten Bauten überstanden die Zeitläufte bis zu ihrem Abriss zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Bodenspekulation den ländlichen Charakter des Wedding endgültig zerstörte.


Unter Kurfürst Joachim Friedrich fielen die Einnahmen des Gutshofes der zweiten Gemahlin des Kurfürsten, Herzogin Eleonora von Preußen, zu. Zukäufe in den folgenden Jahrzehnten vermehrten den kurfürstlichen Besitz auf dem Wedding, der aus dem Rechtsbezirk Berlins ausschied, als er dem Amt Mühlenhof unterstellt wurde.


Unter Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640-1688) wurde das Gut zum Vorwerk. Es bildete den ersten dauerhaften Siedlungskern des Wedding. Mit der Einstellung von Naturallieferungen an den kurfürstlich-königlichen Hof 1722 verpachtete die Domänenverwaltung die Ländereien an Berliner Bürger. 1748 lebten hier 22 Personen.

 

Das Vorwerk selbst erwarb der Apotheker Heinrich Wilhelm Behm 1766. Es bestand aus großen Äckern östlich der Panke, während sich westlich des Flusses die Magistratsheide erstreckte. Von Behm, der zu dieser Zeit auch den "Friedrichs-Gesundbrunnen" betrieb, kam das Vorwerk an Carl Wilhelm Noeldechen, Direktor der preußischen Staatsbank. Von seinen Erben kaufte es 1817 die Stadt Berlin.
Die Verkehrsverbindung zwischen Wedding und Berlin bestand zu dieser Zeit bereits aus drei Straßenzügen, die im wesentlichen heute noch existieren: Über das Hamburger Tor führte der Weg in der Gegend von Acker- und Gerichtstraße zum Vorwerk und von dort nach Oranienburg. Vom Vorwerk verlief die Straße nach Niederschönhausen, etwa der heutigen Pankstraße folgend, und kreuzte an der Pankemühle den nördlichen Weg von Berlin zum Gesundbrunnen im Verlauf von Bad- und Brunnenstraße. Der Weg durch das Oranienburger Tor, ungefähr der Chaussee- und Müllerstraße entsprechend, gabelte sich in Höhe des Vorwerks in die Richtungen Oranienburg und Hamburg.

 

Gerhild H. M. Komander 2001/2014

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