Fundstücke der Berliner Geschichte
Berlin, der Feuerkopf. Ein Text von Hans Land


„Wasserkopf“ – schalten sie dich – du große, herrliche Stadt. Aber gewaltige Kräfte gären in dir. Zu jeder Frone geknechtete Elemente dienen deinem Tagewerke. Tiefste Gedanken denken deine Forscher. Deine Künstler weben im Schönen, deine Dichter träumen mehr.

Wieviel Gutes und Großes gebärst du? Wieviel Gutes und Edles hebt sich zum Licht in deinen Mauern! Das Erbarmen geht groß durch deine Straßen: dem Heimlosen ein Dach, dem Hungernden ein Brot, dem Kranken ein Bett weist deine offene Hand. Verlassener Kinder Hort, ich preise dich hoch!

Was die herrliche Zeit Herrliches denkt, du bringst es zur Tat, du Riesenkind! Von heißem Leben durchpulst, durchglüht von allen Ideen der Epoche, träumst du in Werken schon die neue Zeit.
Heißes flammendes, glühendes Leben loht in dir - - Feuerkopf – Feuerkopf! ...

Hans Land

Aus: Berlin unter dem Scheinwerfer, mit einem Titelbilde von Prof. Dr. Max Liebermann, herausgegeben von J. Landau im Auftrage der Centralstelle für den Fremdenverkehr Groß-Berlins, Berlin: Fichte-Verlag (Paul Wustrow) 1924

***
In den zahlreichen Büchern über die zwanziger Jahre in Berlin wird ein Thema stets vergessen: Daß Berlin in dieser Zeit von Publizisten, Künstlern und Politikern kritisiert und schlecht gemacht wurde. Deshalb rief die Centralstelle für den Fremdenverkehr Groß-Berlins fünfzig namhafte Persönlichkeiten aller Bereiche auf, für dieses Buch Texte zu verfassen, in denen der schlechte Ruf der Reichshauptstadt widerlegt würde. Maximilian Harden, Gerhart Hauptmann, Else Lasker-Schüler und Franz Mendelssohn sind darunter. Für das Titelbild gewann sie Max Liebermann, dessen Radierung den bibliophilen Reiz des Bandes ausmacht.

Das Geleitwort des Bürgermeisters Gustav Böß fiel etwas länger aus als die Verteidigung Berlins durch den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit im Jahre 2006, Berlin sei „arm, aber sexy“.

 

Aus dem Geleitwort von Gustav Böß:

„Die Männer, die nach mir an dieser Stelle das Wort ergreifen, werden, so hoffe ich, Kritiker jener Art eines besseren belehren. Sie werden zeigen, daß Berlin trotz mancher unerfreulichen Ereignisse und Erscheinungen auch heute noch eine Stadt regster, angespanntester Arbeit ist; daß bei allen in ihm vertretenen Gebieten industriellen und kommerziellen Lebens, wissenschaftlicher und künstlerischer Betätigung der ihm stets eigen gewesene Schaffensdrang nicht erlahmt ist, sondern im Gegenteil, trotz der ihn immer noch beengenden Fesseln mannigfaltigster Art, die sich aufs neue kräftig zu regen beginnt.

Sie werden des weiteren dartun, daß auch die Bevölkerung Berlins im Grunde die alte geblieben ist: daß Fleiß und Nüchternheit des Berliners, seine Zähigkeit wie sein Wille sich von nichts und niemandem unterkriegen zu lassen, und endlich auch seine besondere Gabe, mit den Waffen fröhlichen Witzes und Spottes der mancherlei Widerwärtigen und Ärgernisse des täglichen Lebens Herr zu werden, bis auf den heutigen Tag keine Einbuße erlitten hat.“

- © gerhild komander 1/2007 -

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