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Zur Person

Friederike Sophie Wilhelmine wurde am 3. Juli 1709 in Berlin als älteste Tochter des brandenburgisch-preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm, als Friedrich Wilhelm I. ab 1713 König in Preußen, und seiner Gemahlin Sophie Dorothea geboren. Vor ihrer Geburt war ein Prinz verstorben, danach starb ein zweiter, bis 1712 ihr Bruder, der nachmalige Friedrich II., zur Welt kam. Zu ihm entwickelte Wilhelmine seit seiner Geburt ein inniges und freundschaftliches Gefühl, früh darüber belehrt, daß Friedrich nicht nur ihr Bruder war, sondern - und das an erster Stelle - der Kronprinz. Sie wuchs mit dem zwiespältigen Bewußtsein auf, als Prinzessin niemals so viel wert sein zu können wie ein Prinz, der ein Thronfolger sein konnte, und gleichzeitig Objekt der höchsten Ränke und Intrigen am königlichen Hof, wichtigster Gegenstand machtpolitischer Heiratspläne der Eltern, ja des ganzen Berliner Hofstaates zu sein - und des hannoverschen obendrein.4 Sie wurde in die Pracht am Hofe des ersten Königs in Preußen, Friedrich I., hineingeboren, erzogen jedoch wurde sie nur teilweise, wie es ihr von ihrem Stande her hätte zukommen sollen.

 

Richard Fester schreibt, um den Kronprinzen habe der Vater mit der Mutter gerungen, seine Töchter habe er jedoch achtlos verbilden lassen.5 Kein geringer als Maturin Veyssière de La Croze (1661-1739) unterrichtete von 1717 bis 1724 die Prinzessin. Er war es, der ihr die Welt der Oper nahe brachte. Gegen den Musikunterricht hatte Friedrich Wilhelm I. in ihrem Fall keine Einwände, so lange nicht vernachlässigt wurde, die hausfraulichen Fähigkeiten zu erlernen. La Croze und andere Lehrer unterrichteten die Prinzessin außerdem in Geschichte, Geographie, Philosophie, Italienisch und auf besonderen Wunsch der Königin in Englisch. Sophie Dorothea erzog Wilhelmine gemäß den eigenen Plänen als künftige Kronprinzessin von England. Für Friedrich hatte sie die Schwester des englischen Thronfolgers erwählt. Das Projekt der "englischen Heirat" und die daraus resultierenden Zwistigkeiten der Eltern bestimmten bis zu Wilhelmines Heirat mit dem Prinzen Friedrich von Bayreuth ihr Leben am königlich-preußischen Hof und ihre Stellung innerhalb der Familie. Der frühe Tod des Großvaters am 25. Februar 1713 riß nicht nur sie aus der wahrlich königlichen Umgebung herab in ein nahezu bürgerliches Leben, das der Nachfolger, Friedrich Wilhelm I., aufgrund seiner pietistischen Grundhaltung der Familie zudachte.

 

Die tägliche Betreuung und Erziehung der Prinzessin war einer italienischen Gouvernante, allgemein "die Leti" genannt, überlassen, unter der Wilhelmine - von der stets mit Heiratsplänen beschäftigten Mutter unbeachtet - seelisch und körperlich heftig zu leiden hatte. Neben der geschwisterlichen Anhänglichkeit zu ihrem Bruder Friedrich galt Wilhelmines Zuneigung nach dem Weggang der Leti Fräulein von Sonsfeld, die 1721 zu ihrer Erzieherin und Hofmeisterin ernannt wurde. "Ich kann meinem Vater für diese Wohltat nicht dankbar genug sein," schrieb Wilhelmine im Rückblick.6 Ihr Charakter dürfe als einzig gelten, "als eine Zusammenfassung von Tugenden und Gefühlen; Geist, Energie und Großmut vereinen sich bei ihr mit einem reizenden Wesen. Ihre vornehme Höflichkeit flößt Achtung und Vertrauen ein; neben all diesen Vorzügen hat sie ein sehr angenehmes Äußeres, das sich bis in ihr Alter erhielt." Das einfühlsame und zurückhaltende Temperament der neuen "Vorgesetzten" erblickte sofort die Schüchternheit und die Ängste ihres Schützlings und riet der Königin zur Schonung im Umgang mit der Tochter, um sie zu ermutigen.7 In der Tat erwies ihr Dorothea von Sonsfeld mehr Zuneigung und Schutz vor den Tyranneien der Eltern, als sie von irgend jemandem sonst hätte erwarten dürfen. So verwundert es nicht, daß Wilhelmine als reife Frau bekennt: "Ich liebe und verehre sie wie meine Mutter; sie ist heute noch bei mir, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird nur der Tod uns trennen."8

 

Mit fünfzehn Jahren legte Wilhelmine ihr Glaubensbekenntnis ab, das auf Befehl der Königin im Wortlaut der Prüfung in Form von Frage und Antwort gedruckt wurde: "Glaubens-Bekanntnuß, welches Ihro Königl. Hoheit, die Durchlauchtigste Printzessin Friederice Sophie Wilhelmine, Gebohrene älteste Königl. Printzessin in Preussen, den 30. Junii 1724. auf dem Königl. Schloß in Cölln an der Spree, In Hoher Gegenwart dero allerdurchlauchtigsten Frau Mutter, Ihro Königl. Majestät der Königin in Preussen, auch Ihro Königl. Hoheit des Cron=Printzen, Und der übrigen Hochansehnlichen Versammlung, Bey dreystündigem Examine, mit größtem Ruhme abgelegt; Nebst einer dabey gehaltenen kurtzen Rede, Und dem ACTU CONFIRMATIONIS. Auf allergnädigsten Befehl zusammen dem Druck übergeben von Johann Ernst Andreä, d. Königl. Preußischen Hoff=Prediger. Berlin, zu finden bey Johann Andreas Rüdigern, privil. Buchh." Die 144 Seiten umfassende Schrift ist der Königin gewidmet, die durch ihre Erziehung Wilhelmine zu dieser Prüfung befähigt habe. "Königs Kinder haben," erklärt der Hofprediger in der Einleitung ganz im Sinne Friedrich Wilhelms I. "durch dero Geburt und daraus fliessende Vortheile, den höchsten Vorzug vor anderen Menschen auf der Erden, aber dann ist derselbe erst zu achten vor einen rechten Seegen, wann Sie auch hoch und wehrt geachtet sind in denen Augen des grossen Gottes, welches geschiehet durch Glauben und Gottseeligkeit."9 Auf die Frage des Prüfers, ob wahre Glückseligkeit nicht in irdischen Dingen zu suchen und zu finden sei, wie Reichtum, Macht und dergleichen, antwortete Wilhelmine: "O nein! Dann so sind dieses unbeständige und vergängliche Dinge. Können die unsterbliche Seele nicht warhafftig vergnügen."10 Die Frage nach den Ursachen der Glückseligkeit sollte die Prinzessin in besonderer Weise ein Leben lang begleiten.

 

Die Eltern ließen Wilhelmines Vorlieben die größte Mißachtung zukommen. Wilhelmine hatte sich ihre eigenen Gedanken gemacht, wie ihre Zukunft, die eheliche Verbindung mit einem Mann für sie aussehen sollte. "Ich erachtete, daß eine gute Ehe auf gegenseitige Achtung und Rücksicht basiert sein müsse. Ich wollte, daß sie sich auf gegenseitige Zuneigung gründe, und mein Entgegenkommen wie meine Aufmerksamkeiten sollten nur die Folge davon sein. Nichts fällt uns schwer, wo wir lieben; aber kann man lieben, ohne geliebt zu werden? Die wahre Liebe duldet keine Teilung."11 Dennoch erwog der Vater ernstlich, die Neunzehnjährige mit "dem verlebten, von Syphilis zerfressenen 50jährigen August dem Starken" zu vermählen,12 während die Mutter nicht aufhörte, von der machtvollen Stellung zu schwärmen, die ihrer Tochter an der Seite des englischen Thronfolgers einnehmen würde. "Sofern Sie sich ihm nur gefällig zeigen und seine Ausschweifungen dulden, werden Sie ihn gänzlich beherrschen und nach dem Tode seines Vaters mehr König sein als er. Bedenken Sie nur, wie groß Ihre Macht sein wird, von Ihnen wird das Wohl und Wehe Europas anhängig sein, und Sie werden die Nation beherrschen."13 Sophie Dorothea projezierte in die Zukunft ihrer ältesten Tochter die eigenen, letztlich unerfüllten Träume einer wahrhaft königlichen Stellung.

 

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